- Die SP stellt mit drei Regierungsmitgliedern die Mehrheit in der Neuenburger Regierung, die FDP hat zwei Sitze.
- Bei den anstehenden Wahlen streben die Grünen mit aller Kraft einen eigenen Sitz an.
- Sie sind dafür kein Bündnis mit der SP eingegangen – etwas, das in der Romandie immer öfter zu beobachten ist.
Seit Jahren lautet die Frage bei Wahlen im Kanton Neuenburg: Holt Links oder Rechts die Mehrheit in der Regierung und im Parlament? Diesmal kommt ein weiteres Kräftemessen innerhalb der Linksparteien hinzu – eines zwischen der SP und den Grünen. Die Grünen eroberten bei den Eidgenössischen Wahlen 2019 den Ständeratssitz der SP und gewannen einen Sitz auf Kosten der SVP im Nationalrat. Entsprechend selbstbewusst treten sie nun auf.
Parteipräsidentin Christine Ammann Tschopp sagt gegenüber SRF: «Aktuell können wir 20 Prozent der Neuenburger Stimmen für uns beanspruchen. In der Regierung hat es fünf Sitze, 20 Prozent macht einen Sitz. Also ist es legitim zu sagen, dass wir einen Sitz in der Regierung wollen.»
Keine gemeinsame Liste mit der SP
Für diesen Sitz stellen die Grünen einen Kandidaten, einen im Kanton bislang wenig bekannten Gemeinderat aus dem Val-de-Ruz. Bei den Wahlen für die Regierung verzichten sie auch auf eine Liste mit der SP – aus Wahltaktik.
Das erstaunt, hatte die SP doch ihre Regierungsmehrheit breiter abstützen wollen und den Grünen im Vorfeld eine gemeinsame Liste angeboten. Romain Dubois, Präsident der SP Neuenburg, sagt: «Gewiss hätten wir gern eine Liste mit den Grünen gehabt. Dass sie darauf verzichtet haben, zeigt, dass sie Ambitionen haben. Sie sind auch bereit für eine breiter abgestützte Links-Mehrheit in der Regierung, aber einfach mit einer eigenen Liste.»
Schwierige Verhandlungen in Aussicht
Auch wenn es im zweiten Wahlgang noch zu einer gemeinsamen Liste kommen könnte: Wegen der gescheiterten Allianz mit den Grünen geht die SP nun mit drei Kandidatinnen und Kandidaten in die Regierungswahlen. Sollten diese am 18. April vorn liegen, zeichnen sich schwierige Verhandlungen ab.
Der Haussegen hängt schief bei den Linksparteien. Ob das uns helfen kann? Vielleicht.
Doch wenn zwei sich nicht einig sind, dann lacht vielleicht ein Dritter – im Fall von Neuenburg die FDP. Sie würde gern die Mehrheit in der Regierung zurückerobern. FDP-Präsident Fabio Bongiovanni sagt: «Der Haussegen hängt schief bei den Linksparteien. Ob das uns helfen kann? Vielleicht.»
Ein Muster, das Schule macht
Dass Grüne und SP ungeeint in Wahlkämpfe ziehen, kommt in der Romandie immer öfter vor. Zuletzt bei den kantonalen Wahlen im Jura, bei den Gemeindewahlen im Wallis und bei den Wahlen für die Stadtregierung in Lausanne – mit bescheidenem Erfolg für die Grünen.
Für Roger Nordmann, Waadtländer Nationalrat und Fraktionspräsident der SP, ist der Verzicht der Grünen auf eine Liste mit der SP unerklärlich. «Wir bedauern sehr, wenn die Allianzen wegfallen. Es mindert die Erfolgschancen und schwächt das progressive Lager. Die grünen Alleingänge sind schwer zu erklären und meistens auch gescheitert.»
Die grünen Alleingänge sind schwer zu erklären und meistens auch gescheitert.
Davon lässt sich Nicolas Walder, Genfer Nationalrat und Vizepräsident der Grünen Schweiz, nicht beeindrucken: «Die Grünen legen zu. Die Zeiten, als sie systematisch der kleine Partner der SP waren, sind vorbei. Die Grünen sind in mehreren Ländern stärkste Kraft auf linker Seite geworden. Auch in der Schweiz ist das in manchen Kantonen so. Etwa im Kanton Genf.»
Das neue Selbstbewusstsein der Grünen zeigt sich bei den Wahlen in Neuenburg sehr deutlich. Ob sie mit ihrem Alleingang Erfolg haben werden, ob die Regierung links bleibt oder nach rechts kippt, zeigt sich nächsten Sonntag.