«Kommen Sie in die Schweiz zurück!»: Der Aufruf von Aussenminister Ignazio Cassis am Dienstag war unmissverständlich. Schweizer Touristen und Geschäftsreisende, die im Ausland unterwegs sind, sollen wegen der Corona-Krise heimreisen.
Die Epidemie sei weltweit auf dem Vormarsch, immer mehr Flugverbindungen würden eingestellt. Schweizerinnen und Schweizern auf Reisen droht damit, auf unbestimmte Zeit im Ausland zu stranden.
Zudem solle man die Gesundheitssysteme anderer Länder nicht belasten, mahnte EDA-Chef Cassis. In Regionen mit unzureichender Gesundheitsversorgung kommt hinzu, dass eine Ansteckung mit dem Coronavirus zu einem unberechenbaren Risiko für die Reisenden selbst werden könnte.
Rund 200 Reisende aus der Schweiz wünschen sich derzeit konkrete Hilfe vom Aussendepartement. Viele mehr dürften sich fragen, wie lange sie noch Zeit für eine Ausreise haben.
Die Zeit drängt
Eine generelle Antwort, wie lange das Zeitfenster für die Rückkehr offen bleibt, gibt es aber nicht. «Zum Teil hat es sich schon geschlossen», sagt Hans-Peter Lenz, Chef Krisenmanagement beim EDA. Klar ist aber: Die Zeit drängt – und das quer über den Globus. «Deswegen auch die Dringlichkeit des Aufrufs, sich jetzt auf die Heimreise zu begeben.»
Um eine sichere Heimreise muss sich laut dem Gesetzgeber jeder selbst kümmern. Reiseaktivitäten liegen in der Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger. In Marokko steckten bis Dienstag hunderte Reisende aus der Schweiz fest. Sie können nun ausreisen. Buchung und Kosten gehen aber zu Lasten der Reisenden.
Ein Recht auf Rückholung durch den Bund gebe es nicht, bestätigt auch Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) gegenüber SRF.
Die konsularischen Dienste stehen aber selbstverständlich allen Schweizerinnen und Schweizern im Ausland zur Verfügung. «Wir hoffen zunächst, dass wir sie in ihren eigenständigen Bemühungen unterstützen können», sagt Lenz.
Dabei spielen die Reiseagenturen und Fluggesellschaften eine wichtige Rolle. Das EDA versuche konkret, bei Landeerlaubnissen und Fristverlängerungen Hilfe zu leisten und Reisende mit allen nötigen Informationen auszustatten.
«Wenn all diese Bemühungen keine Früchte tragen, werden wir auch organisierte Ausreisen auf die Beine stellen», kündigt Krisenmanager Lenz an. Das sei aber ein schwieriges Unterfangen. Es brauche entsprechende Bewilligungen sowie die Zusammenarbeit von verschiedenen Akteuren.
«Wir haben aber gezeigt, dass das geht: Wir haben Schweizer Reisende aus Wuhan ausgeflogen und blockierte Kreuzfahrtpassagiere zurückgebracht.» Aufgrund der beschränkten Mittel hoffe man beim EDA aber, dass es möglichst wenige organisierte Ausreisen brauche, schliesst Lenz.
Auf Reisende könnten bei Umbuchungen und einer vorzeitigen Rückkehr Zusatzkosten zukommen. Reto Ineichen, Tourismusdozent an der Hochschule Luzern, spricht in der Corona-Krise vom «Lebensrisiko der Reisenden». Wer seine Reise abbrechen und frühzeitig zurückfliegen wolle, sei auf Kulanz angewiesen. Das sei vergleichbar mit einer Erkrankung im Ausland.
Sofern der ursprünglich gebuchte Rückflug weiter durchgeführt werden könne, liege kein Anspruch auf Rückerstattung der Kosten vor. «Darf die Fluggesellschaft aber nicht mehr fliegen, ist klar, dass man das Geld zurückbekommen muss, weil der Kunde die Leistung nicht mehr beziehen kann.»