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Wegen Propaganda-Videos Bedingte Freiheitsstrafen für IZRS-Mitglieder gefordert

  • Die Bundesanwaltschaft hat für die drei Vorstandsmitglieder des Islamischen Zentralrats der Schweiz (IZRS) Naim Cherni, Qaasim Illi und Nicolas Blancho je eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten gefordert.
  • Sie geht bei allen von einem mittleren Verschulden aus.

Die Staatsanwältin des Bundes, Juliette Noto, versuchte in ihrem Plädoyer mit zahlreichen Beispielen aus Internet-Videos aufzuzeigen, dass der interviewte Abdallah Al-Muhaysini ein führendes Mitglied der Al-Kaida ist. In den vom Angeklagten Naim Cherni gemachten Filmen wird gemäss Bundesanwaltschaft Al-Muhaysini eine Plattform geboten, um Propaganda zu betreiben.

Von einem journalistischen Werk könne nicht die Rede sein, betonte Noto. So schaue Al-Muhaysini während des Interviews auch direkt in die Kamera. Dabei wende er sich an die jungen Muslime der Welt. Er fordere sie verschleiert auf, in den Dschihad zu ziehen.

Die Anklage bewertet das Interview aufgrund fehlender journalistischer Haltung als Terrorpropaganda. Es handle sich um ein Täuschungsmanöver. Unter der Vorgabe, Journalismus zu betreiben, werde ungefiltert dschihadistisches Gedankengut verbreitet.

«Eine juristische Knacknuss»

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Inlandredaktor Rafael von Matt begleitet den Prozess für Radio SRF. Zumindest äusserlich seien die Angeklagten in ihren islamischen Kleidern auffällig gewesen, und auch die kleine Demonstration von IZRS-Unterstützern im beschaulichen Bellinzona habe für Aufsehen gesorgt. An der Verhandlung seien die Angeklagten selbst aber unauffällig geblieben: «Aus Protest verweigerten sie die Aussage. Für sie handelt es sich um einen politischen Schauprozess», schildert von Matt.

Für den Medienexperten wird am Prozess «eine juristische Knacknuss» verhandelt: «Kommt es am Ende gar darauf an, wer ein Interview führt, um zu bewerten, ob es sich um Propaganda oder Journalismus handelt? Würde das Gericht etwa anders urteilen, wenn ein ‹Echo der Zeit›-Moderator ein solches Interview geführt hätte? Spielt die Gesinnung eine Rolle?» Das seien heikle Fragestellungen, die das Gericht nun beantworten müsse.

Die Bundesanwaltschaft wirft den drei Angeklagten mit der Produktion, dem Bewerben und der Publikation zweier Videos einen Verstoss gegen Artikel 2 des Bundesgesetzes vor. Es betrifft das Verbot der Gruppierungen Al-Kaida und Islamischer Staat sowie verwandter Organisationen.

Zu den Vorwürfen hat sich der IZRS im April in einem Bericht geäussert. Darin wird argumentiert, Ziel des Interviews sei unter anderem gewesen, auf die Widersprüche unter den Islamisten hinzuweisen und gegen den «Islamischen Staat» anzukämpfen. Zudem sei der Interviewpartner kein Extremist, sondern ein gemässigter Gelehrter gewesen.

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