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Wohnpolitik Basel-Stadt senkt Mietzins bei einem Teil seiner Liegenschaften

Die Stadt distanziert sich vom Renditendenken. Andere Städte in der Schweiz gehen aber viel weiter.

Die Wohnpolitik ist in Basel ein heisses politisches Eisen. Vor zwei Jahren nahm die Stimmbevölkerung gleich vier Initiativen an, die günstigen Wohnraum schützen wollten. Ende November steht erneut eine Abstimmung an. Dieses Mal geht um die konkrete gesetzliche Umsetzung einer dieser Initiativen.

Darum geht’s beim neuen Wohnraumfördergesetz

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Eine angenommene Initiative in Basel verlangt, dass günstiger Wohnraum nur mit Bewilligung saniert werden kann. Damit soll verhindert werden, dass Investoren mit der Sanierung von alter Bausubstanz viel Geld verdienen. Die Regierung schlägt vor, das günstigste Drittel der Wohnungen dieser Bewilligungspflicht zu unterstellen. Die Gegner – allen voran der Mieterinnen- und Mieterverband – verlangen, dass die Hälfte aller Wohnungen geschützt werden müsse. Sie haben das Referendum gegen den Regierungsvorschlag ergriffen.

Rund zwei Wochen vor der Abstimmung stellte die Finanzdirektorin Tanja Soland (SP) die neue baselstädtische Immobilienstrategie vor. Was wenig spektakulär klingt, birgt tatsächlich eine Überraschung: Während mehr als zehn Jahren strebte Basel-Stadt danach, Gewinne zu erzielen mit seinen Immobilien.

Der Stadtkanton tat dies, indem er seine rund 2000 Liegenschaften zu marktüblichen Preisen vermietete. Mit diesen Renditemieten soll nun aber Schluss sein, zumindest teilweise.

Mehr preisgünstige Wohnungen

Basel-Stadt will in den nächsten 15 Jahren zusätzliche 1000 neue Wohnungen im niedrigen Preissegment bauen. Der Mietzins dieser Wohnungen soll je nach Situation der Mieterinnen und Mieter kostendeckend sein, sprich 15 bis 20 Prozent unter den marktüblichen Preisen liegen.

Dieses Umdenken erklärt Soland mit der Situation auf dem Wohnungsmarkt, die sich in Basel in den letzten Jahren verschärft habe. «Die Einnahmen erzielt ein Staat durch Steuern und nicht unbedingt mit der Vermietung seiner Liegenschaften», fügt Soland hinzu.

Die meisten Städte wollen keine Rendite erwirtschaften

Was in Basel-Stadt einen Strategiewechsel bedeutet, ist in anderen Schweizer Grossstädten längst üblich. Die Stadt Genf betreibt mit ihren Immobilien gezielt Sozialpolitik. Fast alle Wohnungen sind Sozialwohnungen. Auch die Städte Zürich und Bern wollen mit ihren Liegenschaften keinen Gewinn erzielen und verlangen bei einem allergrössten Teil ihrer Wohnungen eine Kostenmiete und nicht einen marktüblichen Mietzins.

Beim Basler Mieterinnen und Mieterverband spricht man denn auch nur von einem Schritt in die richtige Richtung. «Es weht offensichtlich ein neuer Wind», sagt die Geschäftsleiterin Patrizia Bernasconi.

Allerdings verlangt der Mietverband vom Kanton seit Jahren, dass er subventionierte Wohnungen zur Verfügung stellt. Davon sei man auch mit der neuen Strategie noch weit entfernt. Entsprechend müsse man den Druck auf die Politik weiter hochhalten.

Tatsächlich zeigt ein Blick auf die Zahlen: Der Schritt weg von der Renditemiete bei einem Teil der Wohnungen wird Basel-Stadt finanziell nur marginal belasten. Das Finanzdepartement rechnet mit einer jährlichen Gewinneinbusse von drei Millionen. Im 2019 spülten die Vermietung der Wohnungen insgesamt 72 Millionen Franken in die Kantonskasse.

Wohnungsbau ist beträchtlich

So wenig revolutionär der Strategiewechsel punkto Mietzins ist, umso bemerkenswerter ist die Entscheidung des Kanton Basel-Stadt, 1000 neue Wohnungen zu bauen in den nächsten 15 Jahren. «In so kurzer Zeit so viele neue städtische Wohnungen zu bauen - ein solches Wohnprogramm ist in der Schweiz selten», sagt Dominique Engelhart, Politik-Expertin vom Immobilienberatungsunternehmen Iazi. Wie der private Wohnungsmarkt auf dieses zusätzliche Volumen an preisgünstigen Wohnungen reagieren werde, sei jedoch schwierig abzuschätzen.

Regionaljournal Basel, 11.11.2020, 17.30 Uhr

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