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Zögerlicher Impfbeginn Die Schweiz will impfen – doch Kantone warten auf Tool des Bundes

126'000 weitere Impfdosen sind laut BAG eingetroffen. Die Kantone sind bereit, allerdings nur personell.

100'000 Aufrufe und 60'000 Anrufe beim Ärztefon allein in der ersten Stunde: Das Interesse im Kanton Zürich am gestrigen ersten Impftag war enorm. Täglich können bis zu 600 Personen geimpft werden, 16'000 Dosen von Pfizer/Biontech stehen aktuell zur Verfügung. Prioritär werden über 75-Jährige geimpft.

«Wir haben alles getestet und geprüft und gedacht, dass es reicht. Aber mit einem so grossen Ansturm haben wir nicht gerechnet», so die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) zu SRF. Es seien nicht nur Menschen über 75 Jahre und Risikopatienten gewesen.

IT-Impftool des Bundes fehlt den Kantonen

Im Kanton Graubünden wird in Alters- und Pflegeheimen geimpft, eine Online-Anmeldung für alle anderen ist aber erst demnächst möglich, wie es auf der Webseite heisst. Bis zur dritten Kalenderwoche sollen 9000 Impfdosen verfügbar sein, also Impfstoff für 4500 Personen. Kantonsärztin Marina Jamnicki betont, dass der Kanton bereit sei, aber: «Der Bund hat ein einheitliches IT-Impftool versprochen, mit dem man die Anmeldungen machen kann, dieses haben wir noch nicht bekommen.» Nur der Teil für die mobilen Impfequipen sei eingetroffen, aber nicht der allgemeine Teil.

Sollte demnächst ein weiterer Impfstoff zugelassen werden, sei man personell vorbereitet. Aber auch hier warte man auf das IT-Modul des Bundes, damit sich auch weitere Teile der Bevölkerung zur Impfung anmelden können.

Ansturm nicht überraschend

Auf den zweiten Impfstoff, den der Firma Moderna, warten auch die Hausärzte. Durch die Packungsgrösse von 100 statt 1000 Stück sei der Moderna-Impfstoff besser auf Hausarztpraxen zugeschnitten. Diese seien vorbereitet, hätten schon Listen von ihren impfwilligen Patienten. Für Philippe Luchsinger, Präsident der Haus- und Kinderärzte Schweiz, kommt der Ansturm auf die Anmeldeseiten im Internet nicht überraschend.

«Man hat den Leuten Hoffnung gemacht, jetzt haben wir eine Impfung, jetzt wird alles gut.» Deshalb sei klar, dass jeder die Impfung so schnell wie möglich haben möchte. «Aber wir haben nicht viele Impfungen, wir müssen es langsam starten», so Luchsinger.

126'000 neue Impfdosen eingetroffen

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) findet, die Kantone würden ihre Sache gut machen. Man arbeite sehr eng zusammen. «Ich bin überzeugt, dass die Kantone das nicht nur können, sondern auch alles getan wird, dass es klappt», so BAG-Vizedirektorin Nora Kronig.

Bis zum Sommer sollen alle, die sich impfen lassen wollen, geimpft sein. 107'000 Impfdosen für somit rund 50'000 Menschen wurden bereits geliefert, heute sei eine Zweitlieferung von Pfizer/Biontech eingetroffen, 126'000 Dosen. Im Januar werden es eine halbe Million Dosen sein, im Februar schon eine Million, so Kronig. Die Anzahl Impfdosen werde weiter steigen, 75'000 Impfungen oder mehr pro Tag sollen dann laut BAG möglich sein.

Das Problem ist, dass einige Kantone das Fachpersonal haben und andere weniger.
Autor: Philippe Luchsinger Präsident Haus- und Kinderärzte Schweiz

Luchsinger ist skeptisch, was die Kantone angeht: «Das Problem ist, dass einige Kantone das Fachpersonal haben und andere weniger». Anstatt voneinander zu profitieren, müsse jeder Kanton selber sein Konzept erarbeiten, bemängelt Luchsinger.

Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Rickli dankt der Bevölkerung für ihr Verständnis, «wenn nicht immer alles ganz perfekt läuft in der Jahrhundertpandemie». Sie rechne damit, dass sich die breite Bevölkerung ab April impfen lassen könne, bis dann werde Zürich grosse Impfzentren bereitgestellt haben.

10vor10, 04.01.2020, 21:50 Uhr

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