Oberster Waadtländer war Yves Ravenel ein halbes Jahr lang. Was er allen verschwiegen hatte: Im letzten August wurde er wegen häuslicher Gewalt verurteilt. Gemäss Strafbefehl hatte der SVP-Politiker während eines Scheidungsverfahrens seine Ex-Frau bedroht. In einem Wutanfall habe er Glühbirnen einer Lichterkette in ihrem Garten zerstört und einen Besen in ihre Richtung geworfen.
Linke und Grüne forderten Rücktritt
Ans Licht kam alles erst letzte Woche, weil Ravenel den Strafbefehl angefochten hatte. Als das zuständige Bezirksgericht die Liste der demnächst angesetzten Prozesse verschickte, tauchte darin sein Name auf. Zwar zog Ravenel unmittelbar danach den Rekurs zurück. Doch die Geschichte wurde publik und der Strafbefehl rechtskräftig.
Die Mitglieder des Kantonsparlaments erfuhren kurz vor der ersten Sitzung des neuen Jahres durch Medienberichte davon. Die Linken und Grünen forderten daraufhin seinen Rücktritt. Seine eigene Partei, die SVP, hielt dagegen zu ihm und sprach von einer privaten Angelegenheit.
Eine mediale Schlammschlacht
Ravenel trat letzte Woche in den Ausstand. Die Parlamentssitzung leitete die Vizepräsidentin Sonya Butera. Eigentlich hätte Ravenel heute Morgen vor dem Kantonsparlament mitteilen sollen, ob er zurücktritt oder nicht. Zum Rücktritt zwingen konnte ihn niemand, denn in der Waadt gibt es kein entsprechendes Gesetz. Doch der Druck war zu gross und Ravenel teilte seinen Rücktrittsentscheid gestern Abend mit.
In einem Communiqué schrieb er, angesichts der Medienflut über sein Privatleben seien das Vertrauen und die Gelassenheit nicht mehr vorhanden, um die Waadtländerinnen und Waadtländer zu vertreten. Seine Frau und er hatten sich letzte Woche in der Waadtländer Zeitung «24heures» eine mediale Schlammschlacht geliefert.
Häusliche Gewalt war im Waadtländer Kantonsparlament in den letzten Jahren ein grosses Thema. Nach ausführlichen Debatten beschloss das Parlament Gesetzesverschärfungen, die vor einem guten Jahr in Kraft traten. Bis nächsten Sommer wird in der Waadt nun die bisherige Vizepräsidentin Sonya Butera dem Kantonsparlament ad interim vorsitzen. Dann kommt es zur jährlichen ordentlichen Neuwahl des Präsidiums.