Nur knapp sprach sich die Bevölkerung im März 2012 für die Initiative «Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen» aus. Die Initiative sieht vor, dass Gemeinden künftig nur noch 20 Prozent der Wohnungen unter dem Jahr zum Teil unbewohnt lassen dürfen. Die Initianten erhoffen sich, mit ihrem Vorstoss der Zersiedlung in der Schweiz Herr zu werden.
Nun geht es an die Umsetzung der Initiative auf Gesetzesebene. Und hier beginnt die Definitionsschlacht: Was ist unter einer Zweitwohnung zu verstehen? Gehören touristisch genutzte Immobilien dazu? Und was geschieht mit Baugesuchen, die erst nach der Initiative eingereicht wurden?
Kantone wollen Ausnahmen
Vor allem die Kantone tun sich schwer, wenn es um die Ausformulierung des Gesetzes auf kantonaler Ebene geht. Bereits im Sommer dieses Jahres hat der Bundesrat seine Meinung geäussert. Die Landesregierung sieht bei der Umsetzung einige Ausnahmen vor. Zum Beispiel für Wohnungen, die vor der Abstimmung schon bestanden oder rechtskräftig bewilligt wurden. Bis heute Freitag konnten sich Interessierte zu den Entwürfen des neuen Gesetzes äussern.
Für viele Bergkantone gehen die Vorschläge des Bundesrates zwar in die richtige Richtung, man sei aber mit dem Entwurf noch nicht ganz zufrieden. So äusserte sich etwa die Bündner Regierung, dass der Bund die Kantone nicht zwingen dürfe, die Hotellerie und günstige Wohnungen speziell zu fördern. Auch im Wallis macht die Umsetzung den Behörden Sorgen: Mit Blick auf den Tourismus sei es wichtig, dass auch weiterhin bewirtschaftete Ferienwohnungen gebaut werden dürfen. Diese sollten von dem neuen Gesetz befreit werden, argumentiert die Walliser Regierung.
Aktuell wären 524 Gemeinden vom neuen Gesetz betroffen. Sie alle weisen einen Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent auf und dürfen keine Zweitwohnungen mehr bewilligen. Weitere Gesuche befinden sich aktuell beim Bundesamt für Raumentwicklung in Prüfung.
Doch auch Randkantone wie der Kanton Thurgau äusserten sich zum Vorschlag des Bundesrates. Der Kanton in der Ostschweiz sieht sich allerdings nicht von der Initiative betroffen und «ist deshalb von entsprechenden Massnahmen des Bundes zu befreien», heisst es etwa in der Vernehmlassungsantwort der Thurgauer Regierung.
Die Annahme der Initiative löste in einigen Bergkantonen einen regelrechten Mini-Bauboom aus. Viele Orte wollten noch vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes geplante Bauprojekte umsetzen. So wurden zum Beispiel in Scuol im Graubünden 2012 sieben Mal mehr Baugesuche eingereicht als üblicherweise.
Notfalls soll ein Referendum her
Genau diese Entwicklung ist Pro Natura, der Stiftung Landschaftsschutz und den Initianten ein Dorn im Auge. Sie kritisierten bereits im Sommer den Gesetzesvorschlag des Bundesrates. Die Regierung sei vor der Bau- und Immobilienbranche eingeknickt, sagte Initiantin Vera Weber. «Es darf zwar Ausnahmen geben, aber es muss eine ganz klare Grenze gesetzt werden. So wie das Gesetz heute aussieht, ist es ziemlich schwammig.»
Man hoffe nun auf Korrekturen im Parlament, so die Initianten. Wahrscheinlich Mitte nächsten Jahres sollte der Gesetzesvorschlag in den Eidgenössischen Räten zur Sprache kommen. Sollten dort keine Korrekturen erfolgen, so Weber, sehe man sich gezwungen, ein Referendum zu ergreifen.