Die Hoffnung ist gross, als im Mai 2006 in Basel-Kleinhüningen die Bagger auffahren und ein Bohrturm aufgestellt wird. Im atomkritischen Basel hofft man, schon bald einen Teil der Stadt mit «sauberem» Strom aus dem Basler Untergrund versorgen zu können. Das geplante Geothermiekraftwerk soll 10'000 Haushalte mit Strom und 2'700 mit Wärme versorgen.
Der Basler Grosse Rat hatte zwei Jahre davor einem Kredit über 32 Millionen Franken zugestimmt. Von links bis rechts gab es Zustimmung mit Ausnahme von einigen warnenden Stimmen. Die damalige Baudirektorin Barbara Schneider (SP) sagt nach dem Baustart in die Mikrofone: «Wenn man nichts wagt, passiert auch nichts. Und dann bleibt nur die Atomkraft. Und das wollen wir definitiv nicht.»
Ein Pionierprojekt
Hoffnung macht sich nicht nur in Basel breit, die ganze Schweiz schaut auf das Pionierprojekt. Und so lädt der damalige Energieminister Moritz Leuenberger (SP) Botschafter aus der ganzen Welt nach Basel, um ihnen stolz das Vorzeigeprojekt zu präsentieren: «Das ist Pionierarbeit. Das ist Unternehmensgeist, was hier gemacht wird. Für alternative Energie.»
Das geplante Geothermiekraftwerk soll wie eine Art Durchlauferhitzer funktionieren. Zwei 5'000 Meter tiefe Löcher werden gebohrt, bis ins 200 Grad heisse Gestein. Kaltes Wasser wird in die Tiefe gepresst. Dort erhitzt es sich, bevor es wieder zurück an die Erdoberfläche kommt und über eine Dampfturbine Strom und Wärme erzeugt.
Im Dezember 2006 ist es so weit: Die Bohrungen haben eine Tiefe von 5 Kilometer erreicht und treffen – wie erwartet – auf 200 Grad heisses Gestein. Nun werden unter hohem Druck 12'000 Kubikmeter Wasser in die Tiefe gepresst, um ein unterirdisches Reservoir zu schaffen, in welchem die Flüssigkeit zirkulieren und sich erwärmen kann.
Das erste Erdbeben
Doch im Lauf des 8. Dezembers nehmen die Mikrobeben im Untergrund zu. Projektleiter Markus Häring nimmt das Telefon in die Hand und will die Anweisung geben, beim Bohrturm Wasser abzulassen. Doch es ist zu spät. Um 17 Uhr 48 ereignet sich ein Erdbeben der Stärke 3.4 auf der Richterskala. Die Basler Bevölkerung reagiert verschreckt. Und nachdem sich in den Wochen danach noch mehrere ähnlich starke Erdbeben ereignen, ist die Geduld der Menschen zu Ende und das Vertrauen in Behörden und Projekt erschüttert.
Das Geothermieprojekt wird sistiert, die Regierung entschuldigt sich bei der Bevölkerung, und ein Expertengutachten wird in Auftrag gegeben. Ende 2009 wird dieses zum Schluss kommen, dass eine Wiederaufnahme des Projekts unverantwortlich wäre. Denn weitere Erdbeben sind möglich, und die möglichen Schäden an Gebäuden sind so gross, dass sich kaum eine Versicherung finden würde, die bereit wäre mitzumachen.
Das Basler Geothermieprojekt wird beerdigt. Das Lehrgeld besteht in einem Abschreiber in der Höhe von 56 Millionen Franken für den Kanton und die beteiligten Energieunternehmen sowie 9 Millionen Franken für Schadenersatzforderungen.
Bis heute wissen die Experten nicht mit letzter Sicherheit, warum es zu den unerwartet starken Erdbeben gekommen war. Dass mit dem Geothermieprojekt Erdbebenrisiken verbunden sind, war unter Experten bekannt. Doch in der Öffentlichkeit war das Bewusstsein dafür kaum vorhanden, weswegen es wenig brauchte, um die Stimmung in der Bevölkerung kippen zu lassen.
Denn in Basel ist jeder und jedem bewusst, dass die Stadt besonders erdbebengefährdet ist. Im Jahr 1356 hatte eines der stärksten Erdbeben in Mitteleuropa die Stadt Basel zerstört.
Wärmekraftwerke funktionieren
Bis heute gibt es in der Schweiz kein Geothermiekraftwerk, das Strom produziert, so, wie es in Basel geplant war. Ein ähnliches Projekt in St. Gallen scheiterte 2013/14. Und das einzige baureife Geothermieprojekt zur Stromerzeugung in Haute-Sorne im Kanton Jura ist gegenwärtig von der Politik blockiert.
Ganz anders sieht es bei Geothermieprojekten aus zur Wärmeerzeugung. Mehrere Kraftwerke sind erfolgreich umgesetzt und weitere geplant.
Mittels einer Bohrung wird Wärme über einen Wasserkreislauf aus einer wasserführenden Sedimentschicht gewonnen. Wichtig: Das Wasser muss innerhalb dieser Sedimentschicht zirkulieren können.
Das heisse Wasser wird mit Leitungen wieder an die Erdoberfläche befördert. Dort wird es zum Heizen von Gebäuden genutzt. Hat das Wasser eine Temperatur von mindestens 120 Grad, kann gleichzeitig Strom erzeugt werden – ein Verfahren, das in der Schweiz erfolgreich angewendet wird.
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