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Wahlkampf Asyldebatte: Vier Parteirezepte – und was der Experte dazu sagt

Die Forderung der CVP nach einem Bargeldverbot für Asylsuchende war die jüngste mehrerer pointierter Forderungen der Parteien zur Asylpolitik in den vergangenen Wochen. Taugen diese Ideen tatsächlich? Der Migrationsexperte Alberto Achermann ist skeptisch.

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«Das gäbe Probleme mit der Menschenrechtskonvention.»
aus SRF 4 News aktuell vom 03.08.2015.
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Die Forderung der CVP nach einem Bargeldverbot für Asylberwerber hat am Wochenende für neuen Zündstoff in der Asyldebatte gesorgt. Es handelt sich um die jüngste Idee einer ganzen Reihe von neuen Vorschlägen, mit welchen sich die Parteien derzeit zu überbieten versuchen. Sind das blosse Worthülsen vor den nationalen Wahlen? Oder durchdachte Ideen, welche es für die laufende Neustrukturierung des Asylbereichs zu berücksichtigen gilt? Der Migrationsexperte Alberto Achermann nimmt für SRF News Stellung zu den markantesten Forderungen von CVP, FDP, SVP und SP.

  • CVP: Kein Bargeld mehr für Asylbewerber

«Asylsuchende erhalten bereits heute einen minimalen Betrag an Bargeld. Der weitaus grösste Teil der Sozialhilfe wird in Form von Naturalien, wie etwa Abgabe von Kleidern, geleistet. Ich sehe keine markante finanzielle Einsparung, wenn ihnen das ohnehin geringe «Sackgeld» gestrichen oder in Gutscheinen abgegeben wird. Die Forderung, die Asylsuchenden besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren, ist zwar nachvollziehbar. Aber wenn gleichzeitig nach Auffassung der CVP die Schweiz unattraktiv für Asylsuchende gemacht werden soll, eröffnet sich ein Zielkonflikt: Soll der Arbeitsmarkt entsprechend geöffnet, der Inländervorrang also aufgehoben werden? Nur so liesse sich die Quote der Asylsuchenden mit Arbeit erhöhen.»

  • FDP: Nahe der Heimatländer der Flüchtlinge «Sicherheits-Camps» errichten

«Wer soll diese Camps führen? Soll dies in einer Zusammenarbeit mit der Europäischen Union geschehen? Wo sollen diese Camps errichtet werden? Betrachtet man Zielländer wie Libyen, Ägypten, Marokko oder Sudan, so muss davon ausgegangen werden, dass es schwierig wäre, einen Standort zu finden. Und selbst wenn die EU sich mit einem adäquaten Land einigen könnte: Wie werden die Flüchtlinge aufgenommen? Eine geschlossene Haft würde gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstossen. Würden diese Standorte folglich nicht zu einem Eldorado für Schlepper verkommen? Die Vorstellung solcher «off-shore-Camps» existiert seit 40 Jahren. Mehrere Studien kamen zum Schluss, dass ein solches Camp das organisierte Verbrechen nur noch verschlimmern würde. Insgesamt erachte ich diese Forderung als realitätsfremd.»

  • SVP: Wiedereinführung von systematischen Grenzkontrollen

«Eine hermetische Grenzkontrolle ist unmöglich. Dies verdeutlicht alleine die Tatsache, dass täglich durchschnittlich ungefähr eine Million Menschen die Schweizer Grenze durchqueren. Eine Rückkehr zu einer systematischen Personenkontrolle würde zudem gegen das Schengen-Abkommen verstossen. Somit würde auch das Dublin-Abkommen und die darin geregelte Erststaaten-Vereinbarung hinfällig. Diese Verträge wurden in einer Volksabstimmung angenommen. Die Schweiz ist an sich frei, diese Verträge auch wieder zu kündigen. Damit würden aber die Asylgesuchszahlen stärker ansteigen. Die Fragen aber, wie die Einreise von Menschen verhindert werden könnte und wie man abgelehnte Asylsuchende wieder zurück in ihr Heimatland bringt, wären damit noch nicht gelöst.»

  • SP: Visa-Erleichterungen für Angehörige syrischer Kriegsflüchtlinge

«Das ist keine rechtliche, sondern eine politische Frage: Will man grosszügiger oder weniger grosszügig sein? Selbstverständlich wäre dies eine Erleichterung für Familienangehörige von Flüchtlingen, die bereits in der Schweiz sind. Jeder von uns versteht den dringlichen Wunsch, mit Ehepartner oder Kindern in einem Land zusammen zu leben, welches Schutz bietet. Wenn die legale Einreise nicht ermöglicht wird, bleibt nur eine Flucht über das Mittelmeer oder eine andere gefährliche Route, um zum Ehepartner oder Vater in die Schweiz zu gelangen. Daher kann man sich zurecht fragen, ob die Familienangehörigen ihr Leben riskieren müssen oder die Schweiz ihnen nicht helfen will. Die Umsetzbarkeit dieser Forderung ist aber in erster Linie vom politischen Willen abhängig.»

Alberto Achermann

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Alberto Achermann

Alberto Achermann ist Professor für Migrationsrecht an der Universität Bern.

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