Nur etwas mehr als 30 Prozent der Zürcherinnen und Zürcher nahmen diesen Frühling an den kantonalen Wahlen teil. Damit erreichte die Wahlbeteiligung ein Rekordtief. Ähnlich sieht es in anderen Kantonen aus. Die Schweizerinnen und Schweizer seien nicht mehr interessiert an der Politik, heisst es deshalb.
Doch das stimmt nicht. Wenn es um nationale Themen geht, nimmt die Beteiligung an Abstimmungen und Wahlen seit 40 Jahren zu, wie eine Auswertung von SRF Data, der Datenjournalisten von Schweizer Radio und Fernsehen SRF, zeigt.
Fast 50 Prozent Beteiligung
«Mit dem Aufstieg der SVP hat sehr viel Emotionalität Einzug in die nationale Politik gehalten», erklärt Politologe Michael Hermann. Die grossen politischen Konflikte würden zu einer hohen Beachtung führen.
Hermann hat SRF Data die Grundlagen für die Analyse geliefert. Demnach gehen derzeit jeweils fast 50 Prozent der Bürger an die Urne, wenn sie über Dinge entscheiden dürfen, welche die ganze Schweiz betreffen. Besonders hoch ist die Stimm- und Wahlbeteiligung bei Männern, älteren Menschen und Gutverdienenden.
Das grössere Interesse für nationale als für lokale Politik könne zum Problem werden, meint Hermann. «Der Föderalismus, die Säule unserer politischen Kultur, wird ausgehöhlt.» Der Fokus auf die nationale Politik sei auch auf die vielen nationalen Volksabstimmungen zurückzuführen, über die in den letzten Jahren abgestimmt worden sei.
Schlechtes Omen für Linke
Während die Stimmbeteiligung im Allgemeinen zugenommen hat, ist sie in den grossen Städten in den letzten fünf Jahren nicht mehr gestiegen. «Das ist kein gutes Omen für die Linke», sagt Hermann. Denn die Städte sind fest in linker Hand. Wenn sich dort nun weniger Menschen für Politik interessieren, könnte das ein Zeichen dafür sein, dass die Linke ihre Anhänger nicht mehr mitreisst.