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Wirtschaft Auf Rosen gebettete Bundesbeamte – ein Trugschluss?

Ein Prozent mehr Lohn für alle fordert der Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse. Das Bundespersonal würde sofort einschlagen, denn es muss sich auf eine Lohn-Nullrunde einstellen. Auch in anderen Bereichen bremst die Privatwirtschaft die Verwaltung aus.

«Geh zum Staat, mein Kind, dort hast du eine sichere Stelle, einen anständigen Lohn und kriegst jedes Jahr ein bisschen mehr.» Das war jahrzehntelang der Rat vieler Eltern an ihre Sprösslinge. «Diese Zeiten sind vorbei», sagt Matthias Humbel, Branchenleiter Öffentliche Verwaltung beim Personalverband Transfair: «Der Druck hat in den letzten Jahrzehnten spürbar zugenommen. Die Situation ist für die Arbeitnehmenden auch beim Bund nicht mehr so einfach, wie sie es einmal war.»

Gerade beim Lohn bestehe sogar Aufholbedarf gegenüber der Privatwirtschaft, betont Kollegin Dore Heim, beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund zuständig für den Bereich Service Public und das Bundespersonal.

In den unteren Lohnklassen, in handwerklichen Berufen und bei Hilfsarbeitern, zahle der Bund zwar besser als die Privatwirtschaft, aber schon bei Angestellten im mittleren Lohnbereich sei das nicht mehr der Fall: «Die Lohnentwicklung der Bundesverwaltung liegt unter derjenigen in grossen privatwirtschaftlichen Unternehmen», sagt Heim.

Natürlich verdienen Kader in Privatindustrie mehr – sie haben mehr Risiko und Verantwortung.
Autor: Gregor Rutz Nationalrat SVP/ZH

Die Gewerkschafterin bezieht sich auf einen detaillierten Bericht von PricewaterhouseCoopers aus dem Jahre 2005 und auf eine Folgestudie 2014. Diese sind auch die Grundlage für den Bundesrat, der in einer Antwort auf einen Vorstoss von Nationalrat Gregor Rutz (SVP/ZH) schreibt: «Gemäss Lohnvergleich lagen die Löhne von Sachbearbeitungs- und gut qualifizierten Funktionen auf gleicher Ebene wie in der Privatwirtschaft und in den Kantonen. Sehr gut qualifizierte Mitarbeitende und Kader verdienen in der Privatwirtschaft deutlich mehr.»

Audio
Öffentliche Verwaltungen – Lohnentwicklung mit Frustpotential
aus Echo der Zeit vom 09.08.2016. Bild: Reuters
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 12 Sekunden.

Stimmt wohl, sagt Rutz. Man dürfe aber nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Führungsarbeit in der Privatindustrie sei verantwortungsvoller und risikoreicher als beim Staat, so Rutz: «Wenn Sie ein höheres Risiko und mehr Verantwortung zu haben, verdienen Sie natürlich mehr. So spielt der Markt.»

Falsch aber sei, wenn Leute mit vergleichbaren Aufgaben und Verantwortlichkeiten im öffentlichen Sektor mehr verdienten als in der Privatwirtschaft: «Im Schnitt verdienen Bundesangestellte deutlich mehr als Angestellte in der Privatwirtschaft. Das ist, was zählt – und das müssen wir kritisch unter die Lupe nehmen.»

Die bisherigen Studien widersprechen dieser Aussage. Rutz fordert nun einen neuen, aktuelleren Lohnvergleich – was der Bundesrat aber nicht zuletzt mit dem Hinweis auf die hohen Kosten ablehnt. Entscheiden wird das Parlament.

Verliert der Bund an Attraktivität?

Sicher ist, dass die Bundesangestellten in den letzten Jahren rein lohnmässig nicht verwöhnt wurden. Immer gab es weniger Lohnerhöhung als in der Privatwirtschaft.

2014 waren es 0,7 Prozent, 2015 0,2 Prozent. Dieses Jahr gab es überhaupt nichts zusätzlich und 2017 droht die nächste Nullrunde. Zusammen mit den negativen Entwicklungen bei der zweiten Säule seien das faktisch Reallohneinbussen, sagt Dore Heim vom Gewerkschaftsbund.

Gerade die gesuchtesten Leute liessen sich das nicht gefallen: «Wenn eine Verwaltung über längere Zeit auf dem Markt abgehängt wird, kann das zu massiven Problemen führen.» Das Beispiel Bern zeige das deutlich. Jahrelange Sparrunden hätten in der Kantonsverwaltung Lücken gerissen, die nun erst wieder mühsam geschlossen werden müssten.

Beim Bund sei die Situation aber deutlich besser, betont Anand Jagtap, Sprecher des Eidgenössischen Personalamtes: «Wir haben ausser in den Bereichen, in denen auch andere Unternehmen Schwierigkeiten haben – wie bei den Ingenieuren oder Informatikern – keine Probleme bei der Rekrutierung.» Noch sind Bundesjobs gefragte Stellen – auch wenn es nicht mehr jedes Jahr mehr Lohn gibt.

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