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Blackrock-Vize Hildebrand «Die Gesellschaft hat die Finanzkrise nicht vergessen»

Blackrock-Vizepräsident Philipp Hildebrand spricht im Interview am WEF über das Coronavirus, die Grenzen der Schweizer Geldpolitik und wieso sich die Wirtschaft mit dem Klimawandel auseinandersetzen muss – ob sie will oder nicht.

Philipp Hildebrand

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Philipp Hildebrand ist seit Oktober 2012 Vizepräsident von Blackrock, dem weltgrössten Vermögensverwalter. Von 2010 bis 2012 war er Präsident der Schweizerischen Nationalbank. Von diesem Amt trat er zurück, als bekannt wurde, dass seine damalige Frau kurz vor und nach der Einführung der Euro-Franken-Untergrenze 2011 über das gemeinsame Konto mit Devisen gehandelt hatte.

SRF: Philipp Hildebrand, Marktteilnehmer befürchten, dass der private Konsum in China wegen des Virus zurückgeht und darum Konsequenzen für internationale Firmen folgen.

Philipp Hildebrand: Das wird darauf ankommen, wie rasch sich das Virus ausbreitet. Aber es braucht sehr viel, dass Krankheiten wirklich starke Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben. Das zeigen ähnliche Fälle aus der Vergangenheit.

Sehen Sie diese Gefahr?

Die Börsen wären nur dann beeinträchtigt, wenn das Virus signifikant das Wirtschaftswachstum abschwächen würde. Was sich aber im Moment noch nicht abschätzen lässt. Auch deshalb reagieren die Märkte ein wenig nervös.

Die Wahrnehmung der Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft ändert sich deutlich. Weshalb erst jetzt?

Die Effekte des Klimawandels sind extrem. Zuletzt in Australien. Wir sehen die Effekte, sei es bei Hitze bei Überflutungen, Feuer. Diese Risiken reflektieren sich nun in den Preisen von Firmen aber auch von anderen Finanzwerten.

Mit welchen Folgen?

Der Klimawandel kann einem Wirtschaftsführer nicht mehr egal sein. Unabhängig davon, was seine eigene, persönliche Überzeugung ist.

Die Wirtschaft reagiert relativ spät. Über die Folgen des Klimawandels wird ja nicht erst seit Greta Thunberg debattiert.

Märkte haben Mühe etwas in die Preise zu integrieren, das weit in der Ferne liegt. Meistens geschieht sehr lange nichts und dann plötzlich kommt der grosse Effekt, weil es dann eben direkt die Werte von Firmen beeinträchtigt. Das sehen wir jetzt. Dass Impulse von den kommenden Generationen kommen, ist wichtig. Unsere Kinder sind vielleicht die letzte Generation, die noch etwas gegen den Klimawandel unternehmen kann.

Sie wollen mit Blackrock die Firmen zu mehr Nachhaltigkeit verpflichten. Es entstand der Eindruck, dass man Ihnen dies nicht so recht abnimmt. Wohl auch, weil in der Öffentlichkeit der Verdacht entsteht, dass das angebliche Umdenken in der Wirtschaft vor allem PR-getrieben ist.

Es kann sein, dass die Öffentlichkeit dies so wahrnimmt. Das kommt auch daher, dass die grosse Finanzkrise zwar schon zehn Jahre zurückliegt, dass aber das mangelnde Vertrauen immer noch präsent ist. Die Gesellschaft hat die Krise nicht vergessen. Es fehlt nach wie vor an Vertrauen in die Finanzwirtschaft.

Das könnten gerade Sie noch stärker beeinflussen…

Wir sind uns bewusst, dass wir nun liefern müssen. Das Gute ist, dass der Kapitalmarkt, ein sehr starkes Mittel sein kann, um die Dinge in die richtige Richtung zu bewegen. Die Kraft des Kapitals ist beträchtlich und kann diesen Weg dann auch unterstützen.

Am WEF in Davos gab ein mögliches Handelsabkommen Schweiz – USA viel zu reden. Wie beurteilen Sie die Wichtigkeit eines solchen Abkommens?

Aus ökonomischer Sicht müsste für die Schweiz die absolute Priorität darin liegen, Klarheit zu schaffen, wie es mit der Europäischen Union weitergehen soll. Alles andere ist zweitrangig.

Das Gespräch führte Matthias Pfander.

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