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Coronakrise Im vergangenen Jahr suchten mehr Menschen Rat in den Sternen

Astrologinnen und Astrologen spüren die unsicheren Zeiten im Zusammenhang mit Corona. Sie haben Hochkonjunktur.

Das Telefon bei der Astrologin Monica Kissling schellt häufig. Und nicht nur bei ihr. Seit Herbst 2020 hätten die Anfragen um rund 20 Prozent zugenommen, schätzt die Präsidentin des Berufsverbands für Astrologinnen und Astrologen, einem Verbund, dem 240 Astrologen angeschlossen sind. «Die Leute möchten wissen, wie es weitergeht. Ob sie ihr Restaurant aufgeben müssen oder ob es Aussichten gibt zum Weitermachen. Es sind existenzielle berufliche Fragen.»

Keine Wahrsagerei, mehr Auslegeordnung

Die Astrologie sei keine Wahrsagerei und könne solche Fragen nicht konkret beantworten, sagt Kissling. Aber im eigenen Horoskop würden sich persönliche Stärken und Schwächen zeigen, die Sterne könnten Orientierung geben. «Wo bieten sich gerade in dieser Zeit neue Perspektiven, und wo geht es nicht mehr weiter?» Eine Auslegeordnung also, aufgrund von Sternen-Konstruktionen. «Man muss oder darf dann natürlich selber entscheiden, was zu tun ist», sagt sie schmunzelnd.

Sich Fragen stellen, Antworten suchen – Kritiker sehen in der Astrologie im besten Fall eine Anlage zur Selbstreflexion. Die Angebote sind vielfältig, von persönlichen Beratungen über Computer-Analysen bis hin zu Publikationen in Zeitschriften oder Online. Entsprechend unübersichtlich ist der Markt: Je nachdem, was eingerechnet wird, zirkulieren Umsatzgrössen zwischen ein paar Millionen bis zu ein paar hundert Millionen.

Auch mehr psychologische Beratungen

Für Christoph Schneider, Präsident des Berufsverbands für Angewandte Psychologie, ist die aktuell grössere Nachfrage nachvollziehbar und sogar typisch für Krisen: «Ich denke, es ist der Wunsch, mehr zu erfahren, wie das grosse Ganze vielleicht aussehen könnte. Die Zusammenhänge besser oder anders zu verstehen, um so diese ganzen Lücken, die man im Wissen hat, zu füllen.»

Die Unsicherheit habe 2020 auch bei den Psychologen zu rund 30 Prozent mehr Beratungen geführt, so Schneider. Die Gründe sind für ihn klar: Angst Unsicherheit, Unwohlsein. Die aktuelle Pandemie sei neu für ganze Generationen. «Man hat vielleicht die Grosseltern, die noch die Kriegszeit kannten. Aber gerade für die jüngeren Generationen ging es nur in eine Richtung, und das sind neue Herausforderungen.»

Herausforderungen, denen sich viele nun stellen müssen. Und einige nehmen das Heft gleich selbst in die Hand. Die Astrologin Monica Kissling hat festgestellt, dass es beim Verband nicht nur mehr Anfragen gibt für Beratungen. Sondern auch mehr Anfragen zur Ausbildung. Ob für den Eigenbedarf oder um selbst Beratungen anzubieten, ist nicht bekannt.

Rendez-vous, 30.12.2020, 12:30 Uhr

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