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Coronavirus und die Wirtschaft «Bundesrat Parmelin unterschätzt die Situation»

Den wirtschaftlichen Schaden in Grenzen halten – das ist das aktuelle Ziel beim Coronavirus. Am Donnerstag hat sich Wirtschaftsminister Guy Parmelin mit Kantonsvertretern, Sozialpartnern und Wirtschaftsverbänden getroffen. Themen waren die Kurzarbeit und die Frage, ob diese von zwölf auf 18 Monate verlängert werden könnte.

Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, fordert vom Bund ein entschlossenes Handeln, um die wirtschaftlichen Folgen des Virus einzudämmen.

Daniel Lampart

Ökonom

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Daniel Lampart ist Chefökonom und Leiter des Sekretariats des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB).

SRF News: Welche Branchen sind durch das Virus besonders gefährdet?

Daniel Lampart: Die Krise betrifft vor allem Dienstleistungsbranchen und nicht wie üblich den Bau oder die Industrie, die aktuell nur teilweise betroffen sind.

Sind Sie mit den Massnahmen des Bundesrats grundsätzlich einverstanden?

Im Moment geht es darum, Ansteckungen von Älteren und Schwachen zu vermeiden, weil diese sich nicht impfen können. Wirtschaftlich ist aber wichtig, dass die Berufstätigen im Land ihren Lohn erhalten, sonst geht es den Leuten und der Wirtschaft schlechter. In diesem Punkt herrscht Handlungsbedarf: Der Bund hat die Massnahmen angeordnet und hat nun eine Mitverantwortung, dass die Arbeitgeber die Löhne zahlen können.

Wo sehen Sie den grössten Handlungsbedarf?

Einen Teil der Ausfälle können wir über die Kurzarbeit abdecken. Dort ist das Entscheidende, dass die bürokratischen Hindernisse – alles ist etwas träge – abgebaut werden.

Bei einem Teil des Gastgewerbes mit befristeten Verträgen oder Leuten, die zu Hause bleiben müssen, weil die Schulen zugehen, greift das Instrument der Kurzarbeit nicht.

Aktuell sind die Schulen in der Schweiz noch geöffnet und die Auswirkungen halten sich im Rahmen. Haben Sie Bedenken, dass der Bund nicht rechtzeitig reagieren könnte?

Wir hatten am Donnerstag den Eindruck, dass das Departement Parmelin die Situation unterschätzt und man noch nicht vorbereitet ist, wenn schärfere Präventionsmassnahmen ergriffen werden; beispielsweise eben bei Schul- oder Krippenschliessungen.

Gewisse Kritiker werfen Ihnen vor, das Coronavirus zu nutzen, um alte Forderungen durchzubringen – etwa wenn es um den Frankenkurs oder die stärkere Intervention der Nationalbank geht. Was sagen Sie zu solchen Vorwürfen?

Eine solche Kritik finde ich bedenklich. Wir haben viele Mitglieder, die sich Sorgen machen oder die bereits betroffen sind: Musikerinnen und Musiker oder Leute, die in Restaurants arbeiten.

Bei Arbeitnehmenden, die körperliche Probleme oder teilweise gar ein geschwächtes Immunsystem haben, gibt es für den Arbeitgeber eine Mitverantwortung.

Die Forderung bezüglich Nationalbank ist keine alte Forderung, der Franken hat sich in der Krise aufzuwerten begonnen. Die Nationalbank hat sich dagegen gestemmt und wir erwarten, dass sie weiter ihre Arbeit macht.

Nun gibt es Berufsgruppen, die dem Coronavirus besonders ausgesetzt sind – etwa Kassiererinnen oder Angestellte im ÖV. Braucht es hier weitere Massnahmen, um die Gesundheit der Leute zu schützen?

Das Wichtigste zurzeit ist der Schutz von Leuten, die in Spitälern und Arztpraxen arbeiten. Wir wissen aus anderen Ländern, dass diese Berufsgruppen sich besonders häufig angesteckt haben. Dienstleistungsberufe kommen als zweite Priorität.

Bei Arbeitnehmenden, die körperliche Probleme oder teilweise gar ein geschwächtes Immunsystem haben, gibt es für den Arbeitgeber eine Mitverantwortung. Den Leuten muss es erlaubt sein, zu Hause arbeiten zu können und gleichzeitig Lohn zu beziehen.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

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