Erneut waschen CS-Chef Tidjane Thiam und Verwaltungsratspräsident Urs Rohner ihre Hände in Unschuld. Gemäss den jüngsten Untersuchungsergebnissen haben nicht sie die unrühmliche Observierung von Geschäftsleitungsmitgliedern veranlasst, und sie sollen auch nichts davon gewusst haben. Nein, es sollen untere Chargen innerhalb des Managements dafür verantwortlich gewesen sein. Die Reinwaschung der CS-Spitze überzeugt aber nicht. Und sie wirft diverse Fragen auf.
Warum zum Beispiel glaubte noch im September der damalige COO Pierre-Olivier Bouée – der inzwischen geschasste Vertraute von Tidjane Thiam – er könne die Bespitzelung des früheren Personalchefs Peter Goerke unter dem Deckel behalten? Dies, obwohl damals der Skandal um die Beschattung von Ex-CS-Top-Banker Iqbal Khan schon eskaliert war und Medien intensiv darüber berichteten. Was ist das für eine Kultur der Geheimniskrämerei und des Misstrauens innerhalb der zweitgrössten Schweizer Bank?
Kultur des Misstrauens
Offenbar hat hier die CS ein gröberes Problem. Das gesteht die Bankleitung auch ein, allerdings nur indirekt. Denn in ihrer jüngsten Mitteilung zur Ausweitung der Affäre schreibt sie: Sie habe «verschärfte interne Weisungen» erlassen, damit solche «inakzeptablen» Beschattungs-Aktionen künftig nicht mehr vorkämen. Das ist zumindest der Versuch von Bankpräsident Urs Rohner, nicht ganz untätig dazustehen, sondern etwas zu tun gegen das vergiftete Klima im Konzern.
Allerdings würde es nicht erstaunen, kämen demnächst weitere peinliche Fälle von Bespitzelung ans Licht. Denn der bisherige Verlauf der Affäre zeigt: Solch üble Praktiken am Zürcher Paradeplatz werden nur tröpfchenweise – durch Indiskretionen an die Medien – öffentlich bekannt.
Geschichte geht weiter
Gespannt sein darf man ausserdem auf die Nachforschungen der Finanzmarktaufsicht Finma. Diese schickt nun eigens einen Aufpasser zur Bank, der sich mehrere Monate Zeit nehmen wird für seine Arbeit: Im Fokus steht dabei nicht nur die Frage, warum bei der CS einzelne Konzernleitungsmitglieder Detektive auf ihre Kollegen ansetzen.
Das Prüfmandat des unabhängigen Finma-Beauftragten geht weiter. Thema ist auch, wie es um die sogenannte Corporate Governance im Konzern steht. Damit wird indirekt klar: Sogar die Aufsichtsbehörde zweifelt mittlerweile daran, dass die oberste Führung der Credit Suisse ihren Laden im Griff hat.