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Wirtschaft Deutschlands Exporterfolg gefährdet EU

Mit der Wirtschaft in der EU geht es wieder aufwärts – wenn auch nur zögerlich. Gefordert ist laut der EU-Kommission vor allem Deutschland: Dessen Exporterfolg ist mittlerweile zu einer Belastung für die anderen Länder geworden.

Deutschland müsse für steigende Löhne sorgen sowie für sinkende Steuern und Sozialabgaben für Kleinverdiener. Dies sagte EU-Währungskommissar Ollie Rehn in Brüssel. Deutschland müsse in die Infrastruktur investieren und Dienstleistungsmärkte öffnen. Rehn begründet dies damit, dass Deutschland seit sechs Jahren mehr exportiert als importiert. So viel mehr, dass man das in Brüssel für ungesund hält.

Langsames Umdenken in Berlin

Bisher hat die Regierung in Berlin solche Massnahmen stets zurückgewiesen. Doch für den Berliner Wirtschaftsprofessor Sebastian Dullien berührt die EU-Kommission mit dem deutschen Exportüberschuss ein echtes Problem. «Nach absoluten Zahlen hatte Deutschland im letzten Jahr einen grösseren Exportüberschuss als China.»

Dullien glaubt, dass die deutsche Regierung in dieser Sache allmählich umdenkt. Auch, weil kürzlich sogar die USA das exportgetriebene deutsche Wirtschaftsmodell kritisiert hatten. Und tatsächlich ist in den Koalitionsgesprächen in Berlin derzeit auch die Einführung eines Mindestlohnes Thema. Für Dullien ist es höchste Zeit, dass Deutschland umdenkt. Ansonsten drohe eine neue Zuspitzung der Euro-Krise und im Extremfall gar der Austritt einzelner Länder aus der Euro-Zone, ist der Wirtschaftsprofessor überzeugt.

Das Ungleichgewicht nimmt zu

Professor Dullien

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Sebastian Dullien ist Wirtschaftsprofessor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Er ist auch journalistisch tätig u.a. für die «Financial Times Deutschland», den «Spiegel» oder das «Handelsblatt».

Die Krise habe die Unterschiede zwischen den Ländern in Europa noch verschärft. In eher armen Ländern wie Griechenland oder Portugal sei der Wohlstand massiv gesunken. In Deutschland und anderen nördlichen EU-Mitgliedstaaten hingegen laufe die Wirtschaft rund. Es sei dadurch neue Ungleichheit geschaffen worden in Europa. «Und das ist problematisch», so Dullien. Denn das europäische Projekt wolle ja gerade das Gegenteil: nämlich den Lebensstandard für alle erhöhen.

Europa driftet auseinander. Und darum hält Dullien es nicht für beruhigend, dass Europa unter dem Strich wieder wächst. Weil sozusagen über dem Strich die einen Länder brummen und die andern weiter mit grossen Problemen kämpfen. «Es ist wie der Mann, der einen Fuss in Eiswasser und den anderen im kochenden Wasser hat: Am Ende kommt er mit Erfrierungen und Verbrennungen da raus.» Der Durchschnitt möge in Ordnung sein, aber wohl fühle sich der Mann nicht. Und bis er sich wieder wohl fühlt, kann es lange dauern.

Ein verlorenes Jahrzehnt

Wie viele Experten ist auch Wirtschaftsprofessor Dullien der Ansicht, Europa habe mit einer zu stark aufs Sparen ausgerichteten Krisenpolitik ein Jahrzehnt verloren. «Wenn wir 2018 wieder auf einem Niveau stehen wie 2008 – dann haben wir Glück gehabt», sagt er. Und da spricht er nur von der Wirtschaftsleistung der Länder. Die Arbeitslosigkeit hält sich auch laut den Prognosen der EU noch viel länger.

Deshalb sei es durchaus möglich dass Spanien und Griechenland in fünf Jahren immer noch mehr als 20 Prozent Arbeitslosigkeit haben, so Dullien. «Möglicherweise werden wir hier politische Konsequenzen sehen.» Konkret: Die Bevölkerung einiger Länder könnte das Vertrauen in die EU ganz verlieren. Und die Debatten der letzten Jahre um den möglichen Austritt aus dem Euro wären dann nur das Vorspiel gewesen zu den kommenden Debatten um den Austritt aus der EU.

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