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Erneuerbare Energien Was tun, wenn der Wind nicht weht?

Ab heute testen Experten schweizweit aus, wie unser Stromsystem stabil gehalten werden kann, um Blackouts zu verhindern.

In der ehemaligen Rolex-Fabrik in Biel tüfteln und forschen heute Studierende und angehende Ingenieure der Berner Fachhochschule für Technik und Informatik. Professor Andreas Danuser hat eine kleine Vorführanlage aufgebaut: Eine Schalttafel mit Kabeln, Steckern, Zählern. Eine Kochplatte, eine Schreibtischlampe, ein Staubsauger.

Smartphone zeigt die Aliunid-App
Legende: Der Stromverbrauch wird in Echtzeit erfasst und lässt sich jederzeit auch auf dem Smartphone anzeigen. Klaus Bonanomi/SRF

Innert kürzester Zeit werden die Verbrauchsdaten erhoben und weitergeleitet – hier nur aufs Smartphone des Professors, später dann zum Beispiel an den lokalen Stromversorger. Verschiedene Zähler messen den Stromkonsum der einzelnen Geräte und die Stromzufuhr vom Netz. Ein weiterer Zähler an der Schalttafel ist mit «Supply PV» beschriftet. Er misst, wieviel selbstproduzierter Solarstrom ins System eingespiesen wird. «All diese Zähler werden über den sogenannten Fog Device – eine kleine Cloud bei Ihnen zuhause – mit anderen Clouds vernetzt. So wissen wir, was läuft.»

Flatterstrom stabilisieren

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Als Flatterstrom wird die witterungsabhängige Stromproduktion bezeichnet. Damit das Stromnetz stabil ist, muss jederzeit gleich viel produziert werden wie verbraucht wird. Mit einer besseren Vernetzung von Stromproduzenten und -konsumenten will man dem Problem eines Blackouts auf nationaler Ebene vorbeugen. Die Daten – wer wo wie viel Strom verbraucht und wer wo wie viel liefern kann – sollen leichter ausgetauscht werden können.

Diese Vernetzung funktioniert in beide Richtungen: Der Haushalt speist Strom ins Netz ein, wenn sein Solarpanel mehr Strom erzeugt, als er selber verbraucht. Bei Bedarf bezieht er Strom aus dem Netz. Und noch mehr: Er kann seinen Boiler aufheizen oder die Batterie des Elektromobils aufladen, wenn es im Netz zu viel Strom hat. Das geschieht in Echtzeit, denn das Stromsystem muss rasch reagieren, um Nachfrage und Angebot jederzeit ausgleichen zu können. Wenn die Spannung im Netz zu stark schwankt, droht ein Blackout.

Zwei Männer vor einem Stromkasten
Legende: David Thiel und Andreas Danuser erklären die Funktionsweise von Aliunid anhand einer Demonstrationsanlage an der BFH für Technik und Informatik in Biel. KLaus Bonanomi/SRF

Nun will Andreas Danuser aufzeigen, dass das, was an der kleinen Vorführanlage in der Bieler Rolex-Fabrik funktioniert, auch in Wirklichkeit klappt. Deshalb hat er zusammen mit dem Energiefachmann David Thiel das Startup-Unternehmen Aliunid aufgebaut: «Wenn das System umsetzbar ist, und das wollen wir mit dem Feldtest in den nächsten 15 Monaten beweisen, sind wir sicher, dass wir einen wesentlichen Eckpfeiler zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 gelöst haben.»

Thiel ist in der Strombranche gut vernetzt, er leitete zuvor den Basler Energieversorger IWB. Rund ein Dutzend lokaler Energieversorger mit über 600'000 Kunden sind eingebunden in den Feldversuch, dazu zwei grosse Wasserkraftbetreiber aus dem Wallis und dem Tessin. Auch der Bund ist dabei und unterstützt Aliunid mit einer Million Franken, wie Philipp Müller vom Bundesamt für Energie erklärt: «Wir haben mit der Energiestrategie 2050 Ziele zu erreichen. Es wird mehr fluktuierende Energien im Netz geben und dieses Projekt hilft mit, das Instrument in den Händen zu haben, um das Energiesystem richtig zu steuern.»

Es braucht in erster Linie erneuerbare Energien. Die Digitalisierung ist lediglich ein nützliches Tool, um diese effizienter im System zu integrieren.
Autor: Felix Nipkow Schweizerische Energiestiftung

Mit Interesse verfolgt man den Versuch von Aliunid auch bei der unabhängigen Schweizerischen Energiestiftung. Doch Mitarbeiter Felix Nipkow warnt vor allzu hohen Erwartungen: «Wenn man die Energiewende im Blick hat, braucht es in erster Linie erneuerbare Energien. Die Digitalisierung ist lediglich ein nützliches Tool, diese effizienter im System zu integrieren.»

Dass es mehr erneuerbare Energien braucht, streitet auch Thiel von Aliunid nicht ab. Sein Unternehmen fokussiert aber auf diese intelligente Vernetzung von Produktion und Konsum. Denn diese müsse nun ebenso dringend angegangen werden. Bisher hätten nämlich alle Beteiligten nur für sich selber geschaut: «Es gibt zu wenig Anreize, das Gesamtsystem anzuschauen und zu überlegen: Wie kriege ich all diese Puzzlesteine zu einer intelligenten Infrastruktur zusammen?»

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