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Fahrdienstvermittler-Prozess «Dieses Urteil wäre für Uber sehr unangenehm»

Eine Tochtergesellschaft des Fahrdienstvermittlers Uber hat einem Mann wegen Beschwerden fristlos gekündigt. Doch nun hat der ehemalige Uber-Fahrer vor dem Arbeitsgericht Lausanne recht bekommen. Seine Entlassung geschah zu Unrecht, wie das Gericht festhält. Die Richter sehen den Fahrer als Angestellten und nicht als selbstständig Erwerbenden. Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig und kann von Uber angefochten werden. Dennoch sei das ein wegweisender Entscheid, sagt Arbeitsrechtsexperte Thomas Geiser.

Thomas Geiser

Experte für Arbeitsrecht

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Prof. em. Dr. Dr. h.c. Thomas Geiser war bis Ende 2017 Professor für Recht an der Universität St. Gallen. Publiziert hat er vor allem Werke zum Arbeits-, Familien- und Erbrecht.

SRF News: Warum ist das Urteil wichtig?

Man hat lange auf ein solches Urteil gewartet. Die Frage, ob die Fahrer Arbeitnehmer oder selbstständig Erwerbende sind, ist schon lange strittig. Es gab auch schon Urteile im Bereich des Sozialversicherungsrechts zu dieser Frage.

In der Vergangenheit stellte sich Uber auf den Standpunkt, dass sein Geschäftsmodell nicht möglich wäre, wenn die Fahrer angestellt sind. Können Sie diese Argumentation nachvollziehen?

Nein. Das Geschäftsmodell von Uber ist meines Erachtens durchaus auch möglich, wenn die Fahrer Angestellte sind.

Wenn man die Aufteilung anders macht, sind die Kosten für Uber nicht höher. Es ist einfach eine andere Aufteilung. (...) Für mich ist das mehr eine ideologische Frage.

Es ist selbstverständlich, dass dann die Aufteilung des Fahrlohns zwischen Uber und den Fahrern anders sein muss, weil Uber mehr Kosten – insbesondere auch die ganzen Sozialversicherungskosten – übernimmt. Aber am Geschäftsmodell ändert das nichts.

Will Uber einfach Kosten vermeiden?

Das ist wohl ein Teil, aber auch der ist nicht nachvollziehbar. Wenn man die Aufteilung anders macht, dann sind die Kosten für Uber nicht höher. Es ist einfach eine andere Aufteilung. Diese ist selbstverständlich mit gewissen Umtrieben verbunden, das ist nicht zu bestreiten. Aber auch das lässt sich ohne Weiteres machen. Für mich ist das mehr eine ideologische Frage.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Rechnen Sie damit, dass Uber es weiterzieht?

Ich nehme es an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Uber auf einen Prozess einlässt und dann das Urteil nicht bis an die oberste Instanz weiterzieht. Das wird allerdings seine Zeit dauern, weil es zuerst noch vom Obergericht des Kantons Waadt behandelt wird.

Wäre das Urteil rechtskräftig, könnte es zur Folge haben, dass Uber rückwirkend für diverse Fahrer noch Leistungen erbringen muss.

Was würde es für Uber Schweiz bedeuten, wenn das Urteil so rechtskräftig würde?

Das wäre für Uber in der Schweiz sehr unangenehm. Es könnte zur Folge haben, dass das Unternehmen rückwirkend für diverse Fahrer noch Leistungen erbringen müsste. Und das Unangenehmste an dieser Geschichte ist, dass Uber zusätzliche Kosten entstehen, weil die Aufteilung der Fahrpreise bereits erfolgt ist. Für die Zukunft hingegen kann Uber sein Modell etwas anpassen.

Das Gespräch führte Lorenzo Bonati.

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