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Gesetz für Digitales Wie die EU die Tech-Giganten zügeln will

Heute hat die EU-Kommission ihre Pläne für eine Gesetzesrevision für den digitalen Raum vorgestellt. Bei Verstössen drohen saftige Bussen.

Facebook, Booking.com, Google – Tech-Konzerne und digitale Plattformen stehen mit ihrem Geschäftsgebahren oft in der Kritik. Ein Grund ist, dass diese Firmen stark datengetrieben funktionieren und damit auch tief in die persönlichen Bereiche ihrer Nutzer vordringen. Ein weiterer ist, dass diese Ökonomie zum Winner-takes-it-all-Prinzip neigt – jene die vorne liegen im Konkurrenzkampf, machen die kleineren platt.

Wo setzt die EU den Hebel an?

Der Reformprozess greift auf zwei Ebenen ein: Den Märkten und den Diensten. Mit den Märkten sind die Betreiber der digitalen Plattformen selbst gemeint. Also Firmen wie Google oder Amazon zum Beispiel. Sie sollen – wenn sie eine bestimmte Grösse haben – strenger überwacht und reguliert werden. Etwa mit schärferen Transparenz- und Sicherheitsauflagen. Oder auch bei Übernahmeplänen. Es sind verschiedene Schwellenwerte vorgesehen, die ein Unternehmen in diese Kategorie hieven. Etwa, dass sie 10 Prozent der EU-Bürgerinnen und Bürger erreichen und einen Jahresumsatz in der Union von mindestens 6,5 Milliarden Euro erzielen. Somit werden vor allem die üblichen Verdächtigen unter den US-Techkonzernen davon erfasst. Weniger an die Kandarre genommen werden kleinere Unternehmen. Damit soll der Wettbewerb auf einem einheitlicheren Spielfeld stattfinden können.

Was bedeuten die neuen Gesetze für die Nutzer?

Diesen Anliegen wird mit den Gesetzen Rechnung getragen, die sich auf die digitalen Dienste beziehen. Sie sollen dafür sorgen, dass die Nutzer besser vor illegalen oder gefährlichen Inhalten und Waren geschützt werden und mehr Mittel haben, sich gegen solche digitalen Mauscheleien zu wehren. Etwa indem die Plattformebetreiber stärker in die Pflicht genommen werden, wenn sie zur Verbreitung von illegalen oder unlauteren Angeboten beitragen. Zudem soll es klar bezeichnete Meldestellen geben, an die sich betroffene Nutzer wenden können.

Gebiert die EU damit ihren nächsten Papiertiger?

Diese Gefahr besteht. Zwar ist dem Vorhaben ein langer erster Sondierungsprozess in den EU-Staaten vorausgegangen. Doch das Reformprojekt wird auf Widerstand in der Wirtschaft stossen. Nicht zuletzt, weil bei Verstössen auch drastische Sanktionen vorgesehen sind. Die Rede ist von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes eines Unternehmens. Bei Google mit 162 Milliarden im Jahr 2019 würde sich eine Busse bei Verstössen auf 16 Milliarden belaufen können. Auch eine Möglichkeit, sehr mächtige Unternehmens-Gebilde zu zerschlagen, soll eingebaut werden. Zudem muss das Gesetz erst noch den hürdenreichen Weg des EU-Legislatursprozesses nehmen, der sich bekanntlich in die Länge ziehen kann. Mehr noch weil das Gesetzgebungsvorhaben Bereiche erfasst, die teilweise schon anderweitig geregelt sind.

Was bedeutet das für die Schweiz?

Auch Schweizer Firmen, die in der EU tätig sind, werden von einem neuen Digital-Gesetz erfasst. In der Liga der Giganten, die schärfer reguliert werden, spielt allerdings keine mit. Eine vergleichbare Gesetzesrevision, wie sie die EU nun anstrebt, ist in der Schweiz bislang nicht in Sicht. Allerdings gibt es auch hier schon diverse Fälle, die vor Augen führten, dass die bestehenden Gesetze vom digitalen Drive überfordert sein können. Etwa im Zusammenhang mit der Rechtsstellung der Uber-Fahrer (angestellt oder selbständig?) oder beim Preisdiktat der Buchungsplattformen wie Booking.com. Zu letzterem läuft derzeit ein Vernehmlassungsverfahren – bekannt unter dem Namen Lex Booking. Es lotet aus, inwieweit solche Buchungsplattformen Anbieter wie etwa Hotels zu Tiefstpreisen verpflichten dürfen.

Tagesschau, 15.12.2020; 19:30 Uhr

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