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Heile Welt in der Corona-Krise «Sie kommen zu uns, weil sich hier nichts geändert hat»

Verunsicherung führt zurück aufs Land: Bauernhofläden versorgen und beruhigen die Bevölkerung.

Die knarrende Holztüre zum Hofladen öffnet sich weit öfter als sonst. Wegen der Corona-Krise hat Fritz Sahli alle Hände voll zu tun. Seit über 20 Jahren führt er den Bio-Hof Schüpfenried in Uettligen bei Bern. Doch noch nie war der Andrang in seinem Hofladen so gross. Rund 100 Kunden täglich kämen unter der Woche, das seien 40 Prozent mehr als gewöhnlich, schätzt er.

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Letztes Wochenende hätten etwa 150 bis 200 Leute bei ihm eingekauft. Weil der Laden nicht so gross sei, dürften nur drei Leute aufs Mal drin sein. Sahli sagt: «Ich staune, wie viel Geduld die Leute haben. Zum Teil müssen sie eine halbe Stunde draussen warten.»

Spürbare Verunsicherung der Käufer

Er sorge laufend für Nachschub mit frischer Ware und habe zum Glück ein grosses Lager. Derweil kassiert seine Mitarbeiterin hinter der Glasscheibe ein. Manchmal müsse er die Leute bremsen und beruhigen. «Man merkt den Kunden an, dass sie Angst haben oder dass sie unsicher sind. Wir sagen ihnen, dass wir nächste Woche auch noch da sind und frisches Gemüse haben», so Sahli.

Ein Mann mittleren Alters hat den Hofladen soeben auf dem Rückweg von einer Wanderung entdeckt. Er schaut sich um und sieht sofort, was ihn besonders lockt. «Wurstwaren sind für mich interessant», sagt er.

Diese Kundin dagegen kommt regelmässig für frisches Gemüse und Früchte. «Ich koche sowieso saisonal und regional, von daher ist es für mich perfekt», sagt sie.

Anstatt zum Grossverteiler

Für viele, die an diesem Spätnachmittag vor dem Hofladen stehen, ist wichtig, dass sie so den Gang zum Grossverteiler vermeiden können. Auf dem Land sei es sicherer, meint eine Ladenbesucherin. «Ich habe Mühe, in die Migros zu gehen. Es hat mir zu viele Leute.»

Zu viele Menschen, die zu wenig Abstand halten, bergen das Risiko, das Virus einzufangen. Das vermeiden viele Leute derzeit. Der Einkauf im Hofladen ist für sie die willkommene Alternative.

Regionale Lebensmittel sind wichtig

Sehr verständlich findet das Bernadette Oehen vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau, FiBL, im Gespräch via Videokonferenz. Sie leitet die Gruppe Konsum und Lebensmittel im Departement Sozialökonomie. «Grosse Lebensmittelläden sind im Moment eher unangenehm. Also suchen wir uns Plätze, die weniger häufig frequentiert werden.»

Im Hofladen sei es übersichtlich, vertraut, persönlich. Und die Ware kommt aus der Region. «Regionalität ist den Menschen beim Lebensmitteleinkauf wichtig. Und das führt dazu, dass man abklärt, was es in der Nähe für Einkaufsmöglichkeiten gibt.»

Auch Bauer Sahli in Schüpfenried will mit seinem Hofladen Ängste nehmen und Vertrauen schaffen: «Die Leute suchen Halt. Sie kommen zu uns, weil sich hier nichts geändert hat.» Das sei aber nicht nur jetzt – in der Krise – so.

Rendez-vous, 03.04.2020, 12.30 Uhr

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