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Immer mehr Kopisten am Werk Fälschungs-Boom macht Schweizer KMU Sorgen

Längst werden nicht mehr bloss Luxusprodukte gefälscht. Doch dagegen vorzugehen ist schwierig.

Fälscher machen zunehmend Geschäfte ausserhalb der Marken- und Luxusbranche: Bekannt ist etwa ein Fall, in dem Stahlklingen kopiert wurden, die in teure «Swiss Made»-Maschinen eingebaut wurden. Der Fälscher war ein Zulieferer.

Zwar würden immer noch viele Luxusprodukte gefälscht, sagt Piotr Stryszowski. Er ist Spezialist für Piraterieprodukte bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD in Paris.

Doch zunehmend seien von billigen Kopien auch Babyprodukte, Spielwaren, Medikamente, Ersatzteile oder IT-Produkte betroffen. «Überall dort, wo mit einem Markenprodukt ein höherer Preis erzielt werden kann, wird gefälscht», sagt er.

Kopien sind auch gefährlich

Gefälschte Produkte verletzten nicht nur geistiges Eigentum, sondern können – etwa im Fall von gefälschten Ersatzteilen in Maschinen – schwerwiegende Folgen haben, wie Jürg Bertogg von der Zurich-Versicherung betont. «Sie können Menschen verletzen oder Maschinen beschädigen und sehr hohe Kosten verursachen.»

Wie gross die Schäden durch gefälschte Produkte sind, lässt sich nur schwer erfassen. Systematische Zahlen gibt es keine. Die OECD schätzt, dass 2013 weltweit Waren im Wert von fast 500 Milliarden Dollar illegal kopiert wurden. Das sind 2,5 Prozent der damaligen weltweiten Wirtschaftsleistung.

Seither hat sich das Problem weiter verschärft, von Jahr zu Jahr werden immer mehr Produkte gefälscht. Das stellen sowohl die Zurich-Versicherung als auch die OECD fest.

Globale Fertigung ermöglicht Fälschungen

Das hat unter anderem mit den globalen Zulieferketten zu tun. Das kommt den Fälschern entgegen. Eine einzige Schwachstelle in der gesamten Herstellungskette reiche den Fälschern, um billige Kopien als Originalteile einzuschleusen, beobachtet Stryszowski.

Zwar versuchen grössere internationale Unternehmen, solche Einfallstore für Fälscher zu verhindern. Doch längst werden dabei noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. «Man muss die Zulieferer und die Zulieferer der Zulieferer kennen», sagt Versicherungsmann Bertogg. Das ist für kleinere Schweizer Unternehmen im Alltag allerdings oft schwierig.

Als Möglichkeit bleiben Prävention sowie technische Vorkehrungen. Dazu gehören etwa Qualitätstests oder Siegel. Allerdings bieten selbst solche Massnahmen keinen vollständigen Schutz.

Am meisten fälschen die Chinesen

Kommt hinzu: Der grösste Teil der Fälschungen stammt aus China. Dort gegen die Hintermänner vorzugehen, ist für geschädigte Unternehmen praktisch unmöglich – oder mindestens extrem teuer. Zudem arbeiten auch die Fälscher professionell, wie Stryszowski weiss.

Man wisse nicht sehr viel über die Fälscher, stellt er fest. «Aber klar ist, dass sie sehr gut organisiert und global tätig sind.» Sie würden die Zollbestimmungen und die Nachfrage von einschlägigen Produkten ganz genau kennen. «Damit wissen sie, wo und wie das Geld zu holen ist.»

Die Fälscher haben relativ leichtes Spiel, weil es schwierig ist, sie über Landesgrenzen hinweg zu bekämpfen. Auch im Fall der eingangs erwähnten Stahlklingen sind sie am Ende unbehelligt geblieben.

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