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Kandidatur für OECD-Chefposten «Affäre Hildebrand» ist kein Handicap für den Bundesrat

Ein Schweizer soll Chefsekretär der OECD werden: Der Bundesrat nominiert den ehemaligen SNB-Präsidenten Hildebrand.

Es ist ein Name, der mit einem aufsehenerregenden Rücktritt verbunden ist: Philipp Hildebrand. 2012 trat er von seinem Amt als Nationalbank-Präsident zurück. Nun ist er mit Bundesrat Parmelin gemeinsam vor die Medien getreten: Hildebrand soll neuer Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) werden.

Für die Schweiz bietet sich die einmalige Gelegenheit, die Schlüsselstelle einer hochangesehenen internationalen Organisation zu besetzen.
Autor: Guy Parmelin Wirtschaftsminister

Derzeit ist Hildebrand Vize-Präsident des weltweit grössten Vermögensverwalters Blackrock. Er könne eine langjährige Erfahrung vorweisen in Spitzenpositionen im Privaten und öffentlichen Sektor, in der Schweiz, aber auch international, erklärte Bundesrat Parmelin an der Medienkonferenz in Bern.

«Für die Schweiz, die mit der OECD seit ihrer Gründung 1961 eng verbunden ist, bietet sich die einmalige Gelegenheit, die Schlüsselstelle einer hoch angesehenen internationalen Organisation zu besetzen», sagte der Wirtschaftsminister.

«Affäre Hildebrand» ad acta gelegt

Allerdings: 2012 stolperte Hildebrand über eine Affäre rund um heikle Devisengeschäfte seiner damaligen Frau. Der Vorwurf: Insiderhandel. Er

trat in der Folge als Präsident der Schweizerischen Nationalbank zurück. Zu einem Strafverfahren kam es nicht.

Die «Affäre Hildebrand»

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Legende: Keystone

Hildebrand war von 2010 bis 2012 Präsident der SNB. Er trat im Zuge der sogenannten Hildebrand-Affäre zurück. Ihm wurde Insiderhandel mit Devisen vorgeworfen, nachdem Bankunterlagen publik wurden. Ein Mitarbeiter der Bank Sarasin ging mit den Unterlagen zu Rechtsanwalt Hermann Lei. Lei gab die Unterlagen wiederum dem damaligen SVP-Nationalrat Christoph Blocher.

Die Affäre zog weite Kreise. Die Staatsanwaltschaft verzichtete schliesslich auf ein Verfahren gegen Hildebrand, weil die umstrittenen Dollar-Transaktionen nicht gegen den Strafbestand des Insiderhandels verstiessen. (sda)

Für den Bundesrat sei das kein Handicap für diese Kandidatur, so Parmelin. Verschiedene Untersuchungen hätten den Fall ausführlich dokumentiert und keine Risiken ausgemacht.

Neue Antworten auf neue Fragen

Kandidat Hildebrand erläuterte vor allem seine Motivation für diesen Job. Die Digitalisierung und vor allem der Klimawandel würden die Wirtschaftsstrukturen fundamental ändern. Diesem weltweiten Wandel könne längerfristig nicht allein mit einer immer aggressiveren Geldpolitik begegnet werden.

Es brauche andere Strukturen und Lösungen, so Hildebrand: «Es ist mittlerweile offensichtlich, dass dieser Weg in Zukunft nicht mehr endlos beschritten werden kann. Ganz besonders was die Geldpolitik angeht.» Es brauche andere Antworten auf die grundsätzlichen strukturellen Probleme.

Bundesrat rechnet sich gute Chancen aus

Da sei die OECD als federführende Organisation gefragt, so Hildebrand. «Das wird das dominante Thema sein. Deswegen glaube ich auch, dass die OECD enorm an Einfluss gewinnen wird und in den nächsten zehn Jahren in den internationalen Diskussionen eine Schlüsselstelle einnehmen wird.» Und für die Schlüsselposition als Chef der OECD sei er die richtige Wahl.

Der Bundesrat will die Kandidatur aktiv unterstützen und rechnet sich gute Chancen aus. Laut Bundesrat liegen bisher acht weitere Kandidaturen anderer Länder vor, unter ihnen die ehemalige schwedische EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Die Wahl des Nachfolgers von OECD-Generalsekretär Angel Gurrìa soll nächstes Jahr erfolgen. Gurria hatte angekündigt, Ende Mai aufzuhören.

Echo der Zeit vom 28.10.2020

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