Kinder zerhacken mit grossen Messern Kakaofrüchte und tragen schwere Säcke, die mit Kakaobohnen gefüllt sind: Kinderarbeit ist in Westafrika verbreitet. Der grösste Teil des Kakaos für den internationalen Schokoladen-Markt stammt von der Elfenbeinküste und aus Ghana.
Laut einer Studie der US-amerikanischen Tulane-Universität verrichten in diesen Ländern rund zwei Millionen Kinder schwere und gefährliche Arbeiten – und die Kinderarbeit hat in der Elfenbeinküste sogar zugenommen. Kinderarbeit ist das Resultat von Armut. Sie wird vor allem kritisiert, weil viele Kinder arbeiten anstatt zur Schule zu gehen.
Die Chefs der grossen Schokoladen-Unternehmen sind sich des Problems bewusst: «Solange es Kinderarbeit gibt, ist das nicht gut, keine Frage», sagt Antoine de Saint-Affrique zu «ECO». De Saint-Affrique ist Konzernchef des grössten Schokoladen-Konzerns der Welt, Barry Callebaut. «Wir wenden viel Energie und Zeit dafür auf, um die Armut zu bekämpfen und den Zugang zu Bildung zu verbessern», sagt de Saint-Affrique. Man müsse die Infrastruktur ausbauen und Schulsysteme errichten.
Kritik an der Industrie
Seit Jahren kündigt die Schokoladen-Industrie an, die Missstände zu beseitigen. Bisher folgten jedoch den Worten zu wenige Taten. «Es gibt noch immer zu viele Kinder-Sklavenarbeiter in der Schokoladen-Produktion, viel zu viele Kinder, die Kakao-Pflanzen sammeln, und zu viele arme Bauern», meint Michael Hastings, Leiter für Unternehmens-Nachhaltigkeit von KPMG, im Juni 2016 am Rande des Branchenkongresses «Chocovision» in Davos. «Ausreden der Industrie sind nicht mehr erlaubt. Es braucht jetzt Änderungen», fordert Hastings. Dass afrikanische Kinder sich abmühen müssten, während wir den Anspruch hätten, dass unsere Kinder an Universitäten gingen, sei im 21. Jahrhundert inakzeptabel.
Das Problem der Kinderarbeit habe sich in den letzten 10 Jahren nicht verbessert, sagt Antonie Fountain, vom Netzwerk Voice Network, das europäische Kakao-NGOs vertritt. «Ich bin seit 10 Jahren im Kakaogeschäft, vieles hat sich geändert, aber die Bauern machen kein besseres Geschäft als damals». Barry Callebaut-Chef Antoine de Saint-Affrique sagt, sein Unternehmen kämpfe dafür, den Lebensstandard der Bauern weiterhin zu verbessern.
Ankündigungen der Kakao-Konzerne
Neun globale Schokoladen-Konzerne, darunter auch Barry Callebaut, haben mit einer Stiftung (World Cocoa Foundation, WCF) angekündigt, den Kakao-Bauern 400 Millionen US-Dollar zu Verfügung zu stellen, um die Situation der Bauern zu verbessern. Vorsitzender der WCF ist Barry Parkin. Er ist auch Nachhaltigkeitschef des US-Lebensmittel-Multis Mars. Parkin gesteht ein, dass das Risiko besteht, dass die Bauern ihre eigenen Kinder anstellen, solange sie arm sind: «Wir arbeiten hart daran, die Einkommen der Bauern zu erhöhen».
Ball an Afrika weitergespielt
Bei der Bekämpfung von Armut müssten die Kakao-Ursprungsländer mithelfen, heisst es oft von den mächtigen Industrie-Vertretern. Hier scheint keine Lösung in Sicht. In Ghana etwa kontrolliert der Staat das Kakaogeschäft und fixiert den Preis, den die Bauern erhalten. Was der Staat mit der Differenz zum Verkaufspreis genau macht, sei intransparent, kritisieren Branchenkenner. Sie werfen Ghana Korruption vor.
Die Beseitigung von Armut und Kinderarbeit sei eine langfristige Aufgabe, sagt der Barry-Callebaut-Chef. Das könne gut noch 5 bis 10 Jahre dauern. Bis dahin sind jene Kinder erwachsen, die heute auf Plantagen arbeiten anstatt zur Schule zu gehen.
Schweizer Kampf gegen Kinderarbeit
Schweizer Schokoladen-Unternehmen setzen vermehrt auf die Karte Nachhaltigkeit bei der Kakao-Produktion, zum Beispiel Halba (Umsatz 2015: 115 Mio. Fr.), ein Tochterunternehmen von Coop. Halba setzt sich direkt vor Ort für den nachhaltigen Kakao-Anbau ein und unterstützt Schul- und andere Infrastruktur-Projekte via Fairtrade-Organisation. «Die Probleme in Afrika sind vielseitig und breit – Armut, mangelnde Bildung und der Klimawandel. Deshalb ist ein umfassender Ansatz nötig», sagt Halba-Einkaufsleiter Daniel Böni zu «ECO». Die Schokoladen-Industrie stehe dabei jedoch am Anfang. Es brauche eine noch intensivere Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, damit sich wirklich etwas ändere. |