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Natürlich oder Greenwashing? Naturkosmetik: Ein Trend mit Stolpersteinen

Kleine Schweizer Firmen profitieren vom Öko-Boom. Aber sie bewegen sich in einem Markt ohne klare Vorgaben.

Immer mehr Menschen achten auf Nachhaltigkeit und Natürlichkeit der Inhaltsstoffe. Davon profitiert die Naturkosmetik überproportional: Naturkosmetik ist ein Wachstumsmarkt.

Wachstumsmarkt Naturkosmetik

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Naturkosmetik ist gefragt und findet sich in allen Preisklassen immer öfter in den Regalen der Detailhändlern. Ihr Anteil am Gesamt-Kosmetikmarkt wächst und beträgt inzwischen knapp 5 Prozent.

In Europa, inklusive der Schweiz, ist der Anteil der Naturkosmetik auf tiefem Niveau stark wachsend: Von 2.6 Mrd. Euro im Jahr 2013 auf 3.89 Mrd. Euro im Jahr 2019 - ein Plus von knapp 50 Prozent.

Der grösste Markt für Naturkosmetik in Europa ist Deutschland.

Während Naturkosmetik früher vor allem ein Nischenprodukt war, sei das Kundensegment nun sehr breit, stellt Anna Mandozzi fest. «Viele junge Kunden fragen nach Naturkosmetik, ihnen sind Themen wie Veganismus und Tierwohl wichtig», sagt sie. «Je älter die Kundin, desto wichtiger wird der gesundheitliche Aspekt.»

Anna Mandozzi lancierte vor zehn Jahren «Biomazing», das erste Schweizer Online-Portal für Naturkosmetik.

Heute verkauft sie Naturkosmetik im ganzen EU-Raum, berät Einzelhändler und stellt selbst Naturkosmetik für grosse Schweizer Detailhändler her.

Kunden wollen regionale Produkte

In der Schweiz profitieren viele kleine Produzenten vom Naturkosmetik-Trend. Eine von ihnen ist Nicole Blum aus Aarau.

Die veganen Deo-Cremes, die sie vor zwei Jahren als Weihnachtsgeschenk in ihrer Küche entwickelte, verkaufen sich mittlerweile unter dem Label «No Bullsh!t» so gut, dass sie die Produktion auslagern musste.

Die ehemalige Marketing-Fachfrau wurde von ihrem Erfolg überrascht und erklärt ihn sich auch so: «Dass meine Marke so an mich und meine Geschichte gebunden ist, ist sehr wichtig für die Kunden. Ich habe den Eindruck, dass die Leute wieder viel mehr kleine und regionale Firmen unterstützen wollen.»

«Greenwashing» als Marketing-Mittel

Nicht nur kleine Anbieter produzieren Pflegeprodukte aus natürlichen Inhaltsstoffen.

Auch die grossen Hersteller der Kosmetik-Industrie sind auf den Naturkosmetik-Trend aufgestiegen und stellen eigene Produkte her, die sie als «natürlich», «bio» oder «grün» bezeichnen. Oft mit passendem Produkt-Design.

Das Problem dabei: Naturkosmetik ist kein geschützter Begriff. Zwar gibt es verschiedene Labels und Zertifikate in diesem Bereich, doch die sind für Kunden mehr verwirrend als klärend. «Generell gilt ein Produkt als Naturkosmetik, wenn es keine synthetischen und schädlichen Inhaltsstoffe hat», erklärt Anna Mandozzi.

Doch das ist ein grosser gemeinsamer Nenner. Denn Kosmetika können sowohl natürliche als auch synthetische Inhaltsstoffe haben. Und nicht alle natürlichen Inhaltsstoffe sind automatisch biologisch angebaut oder vegan.

Gerade grosse Marken nutzen das Stichwort «Natur» als Marketing-Instrument. «Das ist Greenwashing», kritisiert Anna Mandozzi. «Der Kunde meint, ein Produkt sei `greener`, also gesünder, als es wirklich ist».

Solange es keine einheitlichen Standards für Naturkosmetik gibt, rät Anna Mandozzi interessierten Kunden, sich an einen Produzenten zu wenden, dem sie vertrauen. Vielleicht einem lokalen Unternehmen, das sie persönlich kennen.

ECO, 15.2.2021

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