Auch wenn die Jobsuchenden identische Merkmale aufweisen: Schweizerinnen und Schweizer sind im Auswahlprozess für Bewerbungsgespräche im klaren Vorteil gegenüber Ausländerinnen und Ausländern. Das beweist eine neue Studie der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich . Es gibt jedoch grosse Unterschiede in Bezug auf die Herkunftsregion. So sind Leute mit einer Nationalität aus Nordeuropa zum Beispiel in einem deutlich geringeren Nachteil als Leute aus Asien, Afrika oder dem Balkan.
Spannend dabei ist, dass Diskriminierung besonders am Mittag oder kurz vor Feierabend stärker ausgeprägt ist, da Rekrutierende dann besonders schnell über die Stellenprofile schauen.
Daniel Kopp, Co-Autor der Studie, sieht dafür folgenden Erklärungsansatz: «Rekrutierende sind zu diesen Zeiten gestresster, haben vielleicht Hunger. In solchen Momenten greifen sie eher auf das Bauchgefühl zurück und sind damit anfälliger für Diskriminierung.»
Vor dem Mittag und am Abend greifen Rekrutierende eher auf das Bauchgefühl zurück und sind damit anfälliger für Diskriminierung.
Geschlecht beeinflusst die Chance auf eine Anstellung
Auch geschlechterspezifische Stereotypen spielen eine starke Rolle beim Anstellungsprozess. Frauen haben demnach in typischen Männerberufen wie Handwerks- oder Bauberufen eine um sieben Prozent geringere Wahrscheinlichkeit in die engere Auswahl zu gelangen als gleichqualifizierte Männer.
Umgekehrt präsentiert sich ein ähnliches Bild. Männer haben es sogar noch etwas schwerer in einem typischen Frauenberuf angestellt zu werden. Sie werden zu 13 Prozent weniger für Stellen, etwa im Gesundheits- oder Sozialwesen, in Betracht gezogen.
Sensibilisierung von Führungspersonen
Nicole Stucki ist Präsidentin des Verbandes HR Swiss und sieht die wichtigste Massnahme gegen die Arbeitsmarktdiskriminierung in der Sensibilisierung und Schulung von Führungspersonen: «Bewährt haben sich auch Coaching-Tandems, wo der Austausch zwischen diversen Personen gefördert wird. So sollen die Leute Freude an dieser Diversität gewinnen.»
Vollständig anonymisierte Bewerbungen könnten diese Hürden beseitigen. Doch für die Rekrutierungsexpertin ist es fraglich, ob diese Fuss fassen werden: «Obwohl die Forschung gute Resultate dazu präsentiert, ist die Art der anonymisierten Bewerbungen in der Schweiz unüblich und daher sicher kurzfristig nicht umsetzbar.»