Am Wochenende verlässt Portugal den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM, ein Teil des «Euro-Rettungsschirms». So werden alle Massnahmen der Europäischen Union (EU) und der Mitgliedsstaaten der Eurozone bezeichnet, die für die finanzielle Stabilität im Währungsraum sorgen sollen.
Mit den milliardenschweren Rettungsschirmen haben seit 2010 die Euro-Staaten den europäischen Krisenstaaten finanziell unter die Arme gegriffen. Neben dem Sorgenkind Griechenland wurden auch Irland, Spanien, Zypern und Portugal unterstützt. Letzteres ist nach Meinung der Finanzminister der Eurozone nun wieder stabil genug, um ohne die finanzielle Hilfe der anderen Staaten zu überleben.
SRF-Wirtschaftsexperte Reto Lipp warnt vor zuviel Euphorie: «Die Stimmung an den Finanzmärkten ist tatsächlich wieder besser im Bezug auf diese Länder. Ob das allerdings so bleibt oder die Krise wieder hochkommt, bleibt abzuwarten.» Trotz grosser Sparanstrengungen seien die Schulden von Portugal oder Griechenland wieder gestiegen.
«Portugal ist weniger verletzlich»
Der Geschäftsführer des ESM, Klaus Regling, zeigte sich im Interview mit der portugiesischen Wirtschaftszeitung «Jornal de Negocios» zuversichtlich: «Wie viele andere Länder ist Portugal aufgrund der Reformen weniger verletzlich als vor neun Jahren.»
Europa sei viel besser vorbereitet als vor der Krise. Die Koordination der politischen Massnahmen sei viel enger. Der ESM könne auch jederzeit im Notfall Finanzierung für die Mitgliedsstaaten bereitstellen. Zusätzlich bewege sich die Eurozone in Richtung Bankenunion.
Rückzahlung bis 2040
Portugal habe wieder Zugang zum Geldmarkt erhalten, so Regling. «Das Land hat eine klare Entscheidung getroffen, wieder auf eigenen Beinen stehen zu wollen.» Insgesamt hat der Staat auf der iberischen Halbinsel 79 Milliarden Euro vom ESM erhalten – bis 2040 soll alles zurückbezahlt werden.
Der ESM umfasst nebst Hilfszahlungen auch andere Massnahmen wie den Kauf von Staatsanleihen durch den ESM, was Geld in den Anleihenmarkt der jeweiligen Länder pumpt. Die Hilfszahlungen speisen sich aus einem Fonds, in den die Mitgliedsstaaten anteilig zu ihrer Bevölkerungszahl und ihrem Bruttoinlandsprodukt (BIP) einzahlen. Der ESM kann bis zu 500 Milliarden Euro vergeben. Dabei ist die Hilfe jeweils an harte Reform- und Sparauflagen geknüpft.
Trotz Herausforderungen auf gutem Weg
ESM-Chef Regling ist zufrieden: «Die Situation hat sich schneller verbessert als die Leute erwartet haben.» Oft werden die Fortschritte in den Problemländern übersehen. Denn trotz teils noch hoher Schulden haben die Euro-Krisenländer ihre Haushalte saniert.
Die Finanzmärkte seien eher sorglos geworden, so SRF-Wirtschaftsexperte Lipp. «Portugal kann sich wieder teilweise an den Finanzmärkten finanzieren.» Ob das so bleibt, könne aber niemand sagen. Dies sei hauptsächlich eine Folge der Politik der Europäischen Zentralbank (EZB). «Die hatte ja erklärt, sie würde im Notfall alle Anleihen der Krisenländer aufkaufen.»
Und dennoch: Die portugiesischen Exporte ziehen an, das Handelsdefizit des Landes verkleinert sich. Auch die Zahl der Arbeitslosen hat sich verringert. Die Wettbewerbsfähigkeit hat sich verbessert. Zwar blieben viele Herausforderungen bestehen, sagt Regling. Das Ziel der Hilfe sei aber erreicht: «Die Märkte haben sich beruhigt.» Nun ist es an Portugal, nicht nur auf eigenen Beinen zu stehen, sondern ohne Stütze auch wieder kleine Schritte nach vorne zu machen.
Bisherige ESM-Hilfszahlungen im Überblick
Staat | Griechenland | Irland | Portugal | Spanien | Zypern |
ESM-Hilfszahlung in Mrd. Euro | 237 | 85 | 79 | 41 | 9 |