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Postauto-Affäre Hätte die Revisionsstelle etwas merken müssen?

Wenn eine Revisionsfirma prüft und berät, kann es heikel werden. Im Fall Postauto wurden offenbar wichtige Fragen nicht gestellt.

Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern, kommt aus dem Staunen nicht heraus: «Es ist kaum zu glauben, das ein Jahrzehnt lang ein solches System der Tricksereien bei der Rechnungslegung nicht aufgefallen sein soll.» Selbst wenn die Buchhaltung von der Revisionsgesellschaft nicht im Detail, sondern nur stichprobenmässig geprüft werde.

Es ist kaum zu glauben, das ein Jahrzehnt lang ein solches System der Tricksereien nicht aufgefallen sein soll.
Autor: Peter V. Kunz Professor für Wirtschaftsrecht, Universität Bern

Fehlender Durchblick?

Zwar kommt der Hauptbericht zum Fall Postauto zum Schluss, dass der Revisionsgesellschaft KPMG keine Pflichtverletzungen nachgewiesen werden können. Im Gutachten dazu, welches von einem unabhängigen Expertengremium verfasst wurde, steht aber ausserdem noch, «dass die KPMG sowohl als Revisionsstelle als auch in ihrer Beratungstätigkeit den Durchblick über die Buchungspraxis gehabt haben muss».

Im Gutachten finden sich denn auch viele Hinweise, welche diesen Rückschluss zulassen. Die KPMG war auch in beratender Funktion für das Projekt Impresa tätig, in dem Postauto sicherstellen wollte, dass die Firma weiterhin Gewinne im subventionierten Bereich verstecken konnte. Wie weit die KPMG über den Hintergrund Bescheid wusste, ist zwar unklar, doch dass die KPMG keinerlei Rückfragen dazu stellte, hätte «gewisse Fragen betreffend der bisherigen Buchungspraxis aufwerfen müssen», wie das Gutachten festhält.

Achtung Interessenkonflikt!

Dass die KPMG nebst ihrer Rolle als Prüferin auch noch als Beraterin auftauche, sei sehr problematisch, sagt Kunz: «Beratung und Revision sind Themenbereiche, die man normalerweise nicht vermischen sollte, weil dort potenziell sehr grosse Interessenkonflikte bestehen.» Auf Ebene der EU sei dies beispielsweise ausgeschlossen. Auch in der Schweiz gebe es bei Grossunternehmungen an sich das Verbot, dass eine Revisionsstelle parallel dazu beraten dürfe.

Es sei wahrscheinlich, dass die KPMG jetzt erneut ins Visier der zuständigen Aufsichtsbehörde komme, sagt Kunz. Die Behörde schreibt, sie führe zurzeit eine Sachverhaltsabklärung durch. Es laufe aber kein Verfahren gegen die Revisionsstelle oder deren Mitarbeiter. Weitere Fragen wollte sie nicht beantworten.

KPMG weist Kritik zurück

Die KPMG selber nimmt wie folgt Stellung: «Die Schlussfolgerung, wonach wir den Durchblick über die missbräuchliche Buchungspraxis hätten haben müssen, ist spekulativ und entspricht nicht den Tatsachen.» Es lägen der KPMG keine Hinweise vor, «dass ihre Mitarbeitenden von bewusst unrechtmässigen buchhaltungstechnischen Manipulationen in der subventionsrechtlichen Berichterstattung der vergangenen Jahre Kenntnis hatten».

Was gehörte zum Auftrag?

Die der subventionsrechtlichen Berichterstattung der Postauto Schweiz AG zugrundeliegenden Kostenallokationen seien auch nicht Bestandteil der vom der KPMG geprüften Finanzbuchhaltung gewesen, so die Firma. Und weiter: «Die damit verbundene Buchungspraxis war auch nicht Gegenstand unseres Auftrags im Rahmen des Projekts Impresa.»

Die damit verbundene Buchungspraxis war auch nicht Gegenstand unseres Auftrags im Rahmen des Projekts Impresa.
Autor: KPMG Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen

Trotzdem entsteht der Eindruck, dass zwischen der Prüfgesellschaft und Postauto über viele Jahre ein Vertrauensverhältnis entstanden ist, vielleicht ein zu enges. Dass die KPMG ab 2019 nicht mehr für die Prüfung zuständig sein wird, spricht für sich. Es ist nicht alltäglich, dass einer Prüfgesellschaft das Mandat kurzerhand entzogen wird.

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