Kaum ist das Weihnachtsmenü gegessen und kaum sind die Geschenke ausgepackt, dominiert in den Läden ein anderes Bild: Rabatt-Schilder überall, Sonderaktionen da und dort. Es ist Ausverkauf. Obwohl: Ausverkauf, so hat man das Gefühl, ist das ganze Jahr. Er trägt immer etwas andere Etiketten: Mal heisst er Sale, Pre-Sale, Mid-Sale oder einfach Winter-Ausverkauf.
Gegen Aktionen wird man als Konsumentin oder Konsument kaum immun. Denn beim Kaufen spielen Emotionen eine grosse Rolle. Und darum ziehen die Aktionen immer wieder neu.
Preisangaben sollen Kaufbereitschaft fördern
Ein Kilogramm Orangen für 3 Franken 95 statt 4.95. Ein Wintermantel für 76.30 statt 152.40. Bei solchen Aktionen scheint der Ladenbesitzer ganz genau kalkuliert zu haben. Immer zum Vorteil des Kunden.
So jedenfalls sollen Konsumentinnen und Konsumenten die eigentliche Botschaft auf den Preisschildern verstehen. «Das symbolisiert, dass hier scharf gerechnet wird. Dass wir unter einer Schwelle sind, soll die Kaufbereitschaft fördern», sagt Thomas Rudolph, Marketingprofessor an der Universität St.Gallen.
Wann Prozentangaben und wann nicht
Preise tragen also alleine schon durch ihre Rundung auf Rappen eine Botschaft. Sie lautet: Es ist ein guter Preis, ein gutes Geschäft. Meistens stehen zusätzlich zu den Preisen noch Hinweise auf Schildern wie «50 Prozent günstiger» oder «200 Franken gespart».
Auch das hat seinen Grund, erklärt Rudolph: «Bei Produkten wie Lebensmitteln unter 100 Franken ist es besser, sie loben den Rabatt aus – 20 Prozent Rabatt oder 30 Prozent. In einem Möbelhaus, wo Produkte teurer sind als 100 Franken ist es besser, die absolute Preisersparnis anzudeuten. Von der Wahrnehmungspsychologie beim Konsumenten wirken diese Prozentsätze stärker bei günstigen Produkten.»
Wir sind selten wirklich rational.
Das Spiel mit der Wahrnehmung ist im Detailhandel Alltag: Es gibt Farben, es läuft die passende Musik, es riecht angenehm. Doch sind Aktionskäufe nicht auch ein Ausdruck von Vernunft?
Neuropsychologe Lutz Jäncke von der Universität Zürich sagt dazu: «Wir sind selten wirklich rational. Das zeigt sich besonders, wenn wir einkaufen. Dann sind wir sehr stark von unbewussten Antrieben geleitet. Auch von Antipathien, Sympathien und Präferenzen, die sich im Laufe unseres Lebens fest in unser Gehirn implementiert haben.»
Konsumentenschützer schauen den Ladenbesitzern auf die Finger. Sara Stalder von der Stiftung Konsumentenschutz sagt, das Ganze sei vertretbar, solange Händler gewisse Grenzen nicht überschreiten: «Für mich beginnt es, wenn man zum Beispiel sehr schrille Plakate aufhängt – etwa Orange oder Plakate mit einer Leuchtfarbe, wo es zum Beispiel drauf heisst: ‹Aktuell›.»
Solche Dinge würden oft verwechselt mit einer Aktion, so Stalder: «Aber wenn man genau hinschaut, sieht man, der Preis ist der gleiche. Oder man gibt irgendwie einen Rabatt vor und dieser Rabatt ist in Wirklichkeit nicht gegeben. Oder man lockt die Leute in einen Laden mit einem Sonderangebot, das man nicht mehr vorrätig hat.»
Kaufen als Spiel mit Reizen
Es sei wichtig, dass Konsumentinnen und Konsumenten wachsam und sich bewusst seien, dass es beim Kaufen immer auch um das Spiel mit den Reizen geht, meint Stalder – das gelte für Läden und den Online-Handel.
Doch auch wenn Konsumentinnen und Konsumenten verstehen, dass einkaufen oftmals ein Gang ist entlang von Versuchungen – den Sonderangeboten ganz und gar widerstehen können wohl die wenigsten.