Seit 1904 werden in Zwickau Autos gebaut. In der DDR wurde hier der Trabant gefertigt, plus Gelenkewellen für den Citroen in Frankreich, denn die DDR brauchte notorisch Devisen. Nach der Wende kam VW und baute unter anderem den Golf und Passat Variant. Mittlerweile ist VW in Sachsen der grösste private Arbeitgeber.
Es stehe eine neue Zeitwende an, sagt Richard de Vries, einer der Geschäftsführer von VW-Sachsen. «Ende 2021, Beginn 2020 wird diese Fabrik 100 Prozent auf Elektromobilität transformiert sein», so de Vries.
In der Halle 2, die so gross ist wie elf Fussballfelder, stehen Reihen von Robotern, aber wenig Arbeiter. «Durch die Menge an Robotern – wir werden 1625 Roboter haben – werden wir mehr Bediener brauchen.»
Umbau bei laufender Produktion
In Zwickau werden während der Produktion von Autos mit Verbrennungsmotoren neue Werkstrassen für Elektroautos gebaut. Damit werden neue Automodelle hergestellt, die für Elektromotoren konzipiert sind.
Pressesprecher Carsten Krebs sagt dazu: «Dass wir in einem Werk, in dem 300'000 Fahrzeuge gebaut werden, gleichzeitig umrüsten, das hat es in der Automobilgeschichte noch nie gegeben.»
Keine Entlassungen, aber Umschulungen
Kein einziger der 8000 Mitarbeitenden soll entlassen werden. Tausende werden umgeschult. Zwar brauche es für die Produktion von Elektroautos weniger Personal, aber weil mehr Autos und mehr Modelle produziert würden, müsse niemand entlassen werden, sagt Patrick Hofbauer. Er ist als Projektmanager für das Personal zuständig.
Wenn im Herbst das erste serienmässig produzierte Auto, der ID 3 – eine Art Elektro-Beetle – vom Band läuft, will sogar Bundeskanzlerin Merkel das Werk besuchen.
Seit 2017 werde mit grünem Strom produziert, sagt Geschäftsführer de Vries. «Wir kaufen die Energie von österreichischen Herstellern. Sie wird in Wasserwerken generiert.» Auch der Wasserverbrauch werde im Lackierprozess reduziert, Batterien werden zu 80 Prozent recycelt und, dort, wo die CO2-Neutralität nicht erreicht werde, soll dies durch Aufforstungsprojekte kompensiert werden.
Fokus Elektroauto: Retten sie das Klima?
Nächstes Jahr will VW 100’000 Elektroautos produzieren, 2025 sollen es eine Million sein. 44 Milliarden Euro soll in den Umbau des VW-Konzerns investiert werden, in Zwickau 1,2 Milliarden.
Skeptischer Experte
«Im Moment hat VW das Geld für diese Wende noch. Denn man hat trotz des Diesel-Skandals einiges richtig gemacht», sagt Stefan Bratzel. Er ist Autoexperte und Gründer des Center of Automotive Management an einer Fachhochschule in Bergisch Gladbach.
Trotz der finanziellen Ressourcen glaubt er, dass die Elektromobilität auch bei Volkswagen Arbeitsplätze kosten wird. «Wir schätzen bis 2030 zwischen 15 und 20 Prozent.»
Zum Thema Umweltfreundlichkeit gibt Bratzel zu bedenken, das Entscheidende sei weniger das Recycling als die Lebensdauer einer Batterie: «Die Lebenszeit der Batterie entscheidet wesentlich auch über die CO2-Bilanz.»
Der Staat zahlt mit
Ob VW den Sprung auf eine Million Elektroautos bis 2025 schaffe, hänge auch vom Preis-Leistungsverhältnis ab. 30'000 Euro kostet ein neuer ID 3, minus die staatliche Prämie von 4000 Euro. Doch die Reichweite beträgt nur 330-550 Kilometer und es mangle an Ladestationen, so Bratzel.
Insgesamt sei die Umstellung bei VW beeindruckend, sagt der Experte. «Wenn dieser Wandel gelingt, hat man etwas fertiggebracht, was es vorher so noch nicht gab. Aber es wird noch viel passieren bis dahin.»