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Saudisches Geld in der Schweiz Wieder geht es um die Reputation des Schweizer Finanzplatzes

  • Der saudische Kronprinz bin Salman hat über 200 Personen verhaften lassen. Darunter sind Verwandte von ihm und Teilhaber globaler Unternehmen. Er wirft ihnen vor, korrupt zu sein.
  • Inwiefern diese Anschuldigungen der Wahrheit entsprechen, ist nicht geklärt.
  • Vermögenswerte vieler dieser Saudis werden von Schweizer Banken verwaltet.

Der Kronprinz in Saudi-Arabien geht hart gegen die reiche Elite im eigenen Land vor. Vor zwei Wochen hat er über 200 mächtige Landsleute verhaften lassen. Viele dieser in Ungnade Gefallenen lassen Geld von Schweizer Banken verwalten.

Und diese reichen Saudis sind für die grossen Schweizer Vermögensverwalter nicht irgendwelche Kunden. Es sind Klienten mit Milliardenvermögen. Und nicht wenige von ihnen sind in Riad vor zwei Wochen verhaftet worden.

Schweiz verwaltet viel Kapital der Saudi s

Denn der neue starke Mann Saudi-Arabiens, Kronprinz Mohammed bin Salman, will aufräumen: Er wirft der einheimischen Elite vor, korrupt zu sein. Rund 100 Milliarden Dollar habe diese Elite unrechtmässig erworben, so der Vorwurf. Einen Teil dieses Geldes dürfte von der UBS, Credit Suisse, Pictet oder Julius Bär verwaltet werden.

Laut Gabriel Zucman, Finanzprofessor an der Universität Berkeley in Kalifornien, managen Schweizer Banken über 200 Milliarden Dollar saudischen Geldes – so viel wie kein anderes Land der Welt.

Die Reputation kann auf beide Seiten kippen. Man weiss zurzeit nicht genau, ob reale Korruptionsfälle vorliegen.
Autor: Peter V. Kunz Rechtsprofessor

Was es nun für die Banken bedeutet, wenn langjährige Kunden quasi über Nacht zu mutmasslichen Kriminellen werden, dazu mögen sich die betroffenen Geldinstitute nicht äussern.

Schweigen und Abwarten

Rechtsprofessor Peter V. Kunz hat für das Schweigen der Banken Verständnis. Denn für das Ansehen stünde viel auf dem Spiel, sagt er: «Die Reputation kann auf beide Seiten kippen. Man weiss zurzeit nicht genau, ob reale Korruptionsfälle vorliegen.»

Es wäre natürlich ein Problem, wenn man korrupte Prinzen als Kunden hätte, doch das sei zu diesem Zeitpunkt alles anderes als klar, sagt Peter V. Kunz. Es könne sich genauso gut herausstellen, dass in Saudi-Arabien ein interner, politischer Machtkampf tobe. «Wenn man allzu schnell unbescholtene Prinzen fallenlassen würde, wäre das für die Reputation ebenso gefährlich.»

Vor diesem Hintergrund seien die Banken besser beraten, einfach mal abzuwarten und zu schweigen, als die Fahne zu rasch in den Wind zu stellen. Denn das wäre ein verheerendes Signal, glaubt er. «Internationale Bankkunden schätzen die Schweiz nicht zuletzt, weil man in der Schweiz eine gewisse Standhaftigkeit und Rechtsstaatlichkeit hat.»

Nervosität bei der Finma

Weil Saudi-Arabien für Schweizer Banken traditionell ein wichtiger Zielmarkt ist, herrscht auch bei der Finanzmarktaufsicht Finma Nervosität. Stellung nehmen will man nicht.

Die Bankiervereinigung hingegen äussert sich dazu. Die Banken seien sich den Umgang mit exponierten Persönlichkeiten grundsätzlich gewohnt, sagt die Sprecherin der Bankiervereinigung, Sindy Schmiegel. «Es kann bei bestimmten politischen Entwicklungen schwierig werden, mit einer politisch exponierten Person weiterhin Geschäfte zu tätigen.»

Unvorbereitet würden politische Veränderungen Banken im Normalfall aber nicht treffen, sagt Schmiegel, denn: «Ganz generell müssen Banken immer die politischen Entwicklungen in ihren Zielländern beobachten. Es kann Veränderungen geben, die neue Risikoabwägungen verlangen.» Doch dies zu entscheiden liege bei jeder Bank selbst.

Niemand weiss, was richtig ist

Dass der Schweiz momentan gar neues Kapital aus Saudi-Arabien zufliesst, weil reiche Saudis zusätzliche Milliarden in Sicherheit bringen würden, verneinen die Banken. Die Zu- und Abflüsse würden sich in normalem Rahmen bewegen, heisst es bei allen. Die «Financial Times» hatte vor einigen Tagen allerdings behauptet, dem hiesigen Finanzplatz flösse saudisches Geld zu wie seit 2011 nicht mehr.

Der Rechtsprofessor Peter V. Kunz hält diese Aussage für gewagt und verfrüht: «Der Schweizerische Bankenplatz wird dann profitieren, wenn man in einem oder in zwei Jahren sagen kann, die Banken hätten richtig reagiert. Heute allerdings weiss niemand, was richtig ist.»

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