Schon wieder ein Debüt: Das Luxusgüter-Unternehmen Lalique Group AG (Parfüms, Kosmetika, Kristall, Schmuck) mit Sitz in Zürich hat den Gang an die Schweizer Börse gewagt. Damit sind es Mitte Jahr bereits sieben Börsenneulinge – mehr als im ganzen vergangenen Jahr zusammen.
Neben Lalique sind es Klingelnberg, Polyphor, Ceva Logistics, Medartis, Sensirion und A Small World, die neu auf dem Schweizer Börsen-Tableau stehen.
Börsengänge von Schweizer Unternehmen 2018
Die Börsenbetreiberin SIX freut sich über die vielen Neuzugänge. «Wir sehen im Moment, dass das Umfeld sehr gut ist», sagt SIX-Mediensprecher Julian Chan: «Die Unsicherheit ist tief, Für die Unternehmen ergibt sich eine gute Planbarkeit, das heisst, die Zeit ist geeignet, um einen Börsengang durchzuführen.»
Tatsächlich sind in den vergangenen Monaten schwere Einbrüche am Aktienmarkt ausgeblieben. Auch wenn die Kurse nicht mehr so kräftig steigen wie letztes Jahr.
Bei Investoren sitzt das Geld locker
Günstig ist das Umfeld für Börsengänge vor allem, weil bei den Investoren das Geld locker sitzt: Denn in Anbetracht der rekordtiefen Zinsen etwa auf Staatsanleihen erscheinen Aktien als Anlage attraktiv.
Und häufig, wenn ein Unternehmen an den Aktienmarkt strebt, sind die Papiere begehrt, sagt Thomas Stucki, Anlagechef der St. Galler Kantonalbank: «Es ist schon so, dass die Unternehmen momentan relativ einfach zu ihrem Geld kommen.»
Überzeugt das Geschäftsmodell?
Doch nicht immer führt das Börsen-Debüt sofort zum Erfolg. So hatten beispielsweise die Aktien des Maschinenbauers Klingelnberg letzte Woche einen holprigen Start. Im Vergleich zum Ausgabekurs haben sie leicht an Wert verloren in den ersten vier Handelstagen.
Anlagechef Stucki erklärt: Bei Klingelnberg hätten vor allem bestehende Aktionäre über die Börse Anteile an der Firma verkauft. «Das ist ein klassischer Fall, bei dem vor allem Altaktionäre Aktien verkauft haben und so dem Unternehmen weniger Gelder zugefügt wurden. Das kommt später bei den Anlegern dann eben doch nicht so gut an.»
Zudem sei die Qualität des Unternehmens nicht immer über jeden Zweifel erhaben bei einem sogenannten Initial Public Offering, kurz IPO genannt, sagt Stucki: «Es gibt Unternehmen, die sehr gut sind. Das zeigt sich dann auch später, wenn der Kurs über dem IPO liegt. Und es gibt Unternehmen, die beim genaueren Hinsehen nicht mehr so ganz überzeugen. Dort fällt der Kurs nach dem IPO relativ schnell unter den Ausgabepreis.»
Und selbstverständlich sollten die Anleger, bevor sie sich engagieren, genau hinschauen, ob ein Börsen-Debütant mit seinem Geschäftsmodell wirklich überzeugt.
Achtung vor dem Ende der Hausse
Aber mindestens so wichtig wie die Qualität der Börsenneulinge ist die Entwicklung des gesamten Aktienmarkts: Denn je länger es aufwärts geht mit den Aktienkursen, die Hausse also anhält, desto höher seien die Risiken, warnt Thomas Stucki: «Wenn sich IPOs häufen, wie das momentan der Fall ist, dann ist das ein Zeichen, dass die Börsen-Hausse so langsam in ihr Alter kommt.»
Genau dies sei nun der Fall. Letztlich hänge die Börse eben von der Entwicklung der globalen Wirtschaft ab. «Man weiss in den USA, dass die sich Wirtschaft irgendwann wieder abschwächen wird, und dann ist auch die Party an der Börse vorbei und es wird schwierig für Firmen, wieder an die Börse zu kommen.»
Zeitfenster geht schon langsam wieder zu
Die Schweiz als kleine Volkswirtschaft, die besonders stark vom Export lebt, kann sich diesem Einfluss nicht entziehen. Kühlt sich in nicht allzu ferner Zukunft die Weltkonjunktur ab, dann schlägt das unweigerlich auf die Schweizer Börse durch: «Von daher müssen sich die Firmen beeilen, wenn sie noch an die Börse kommen wollen», sagt Anlagechef Thomas Stucki von der St. Galler Kantonalbank.
Für die Anleger auf der anderen Seite heisst das: Aufgepasst! Nach der Party mit den vielen Börsen-Neulingen besteht zumindest das Risiko, mit einem Börsenkater zu erwachen.