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Wirtschaft Smartwatches: Ist Swissness noch Trumpf?

Apple macht die Schweizer Uhrenindustrie nervös. An der Baselworld überbieten sich Schweizer Uhrenmarken mit Ankündigungen zu neuen Smartwatches. Doch was macht eine Smartwatch wirklich aus und kann «Swiss made» bei diesem Trend mithalten?

Smartwatch. So lautet das Gebot der Stunde auf dem Uhrenmarkt. Blickt man sich auf der Uhrenmesse Baselworld um, dann wartet fast jede Schweizer Marke mit einer eigenen Variante der intelligenten Uhr auf. Die Aussichten für Hersteller sind verlockend: Gemäss des Marktforschungsinstituts GfK wird sich der Weltmarkt für Smartwatches allein in diesem Jahr mehr als versechsfachen.

Zusätzlich will die Schweizer Branche das Feld nicht Apple, Samsung, Lenovo/Motorola oder LG überlassen. Einen Schock wie in den 1970er-Jahren als die besseren und billigeren Quarz-Uhren aus dem asiatischen Raum der Schweizer Branche fast das Genick brachen, wird es wohl nicht geben. Trotzdem birgt die intelligente Uhr mit all ihren technischen Möglichkeiten einige Gefahren.

Arbeitsplätze in Gefahr

«Bereits heute kommt von 200 verkauften Uhren nur eine aus der Schweiz», rechnet Swatch-Miterfinder Elmar Mock vor. Sicher sei, die Schweizer Uhrenindustrie werde mit dem Aufkommen der Smartwatches einen Teil ihres Marktes abgeben müssen. «Sinkt der Umsatz nur um 10 Prozent, dann bedeutet das eine Einbusse von 1 Milliarde Franken – das sind 5000 bis 10'000 Arbeitsplätze», ist der Gründer der Beratungsfirma Creaholic überzeugt. Weil auch Mittelklasse-Uhren in den gleichen Fabriken gebaut würden wie Teile von Luxusuhren, habe das weitreichende Auswirkungen.

An ein Ende der Luxussparte glaubt Mock jedoch nicht. Auch die Aussteller an der Baselworld scheinen einen ungebrochenen Glauben an die Luxus-Uhr zu haben. Beim Thema Smartwatch erntet man nur Kopfschütteln. Uhrenhersteller wie Chopard bleiben sich treu: mechanische Uhrwerke, handgemacht und in der Schweiz gefertigt.

Verkaufsargument Schweiz

«Swiss made» ist ein beliebter Wert. Er steht für Qualität, Präzision, Langlebigkeit und Umweltfreundlichkeit. Für die Uhrenindustrie ist Swissness ein wichtiges Verkaufsargument. Gerade im asiatischen Markt verfängt die Marke Schweiz. Deshalb forderte die Branche im Gesetzgebungsprozess unlängst, dass 80 Prozent einer Uhr aus der Schweiz stammen müsse. Am Ende einigte man sich im Parlament auf 60 Prozent.

Die Schweizer Uhrenindustrie hat lange gezögert, beim Hype um die intelligente Uhr mitzumachen. «Vor vier Monaten habe ich gesagt, wir wollen nicht auf den Smartwatch-Zug aufspringen», erzählt etwa Mondaine-Chef André Bernheim im Gespräch mit SRF News.

Jetzt präsentiert er in Basel die «Helvetica» mit einem Schlaf-Überwachungsprogramm und einem Schrittzähler. Innerhalb von sechs Wochen war die Uhr geboren. Mondaine greift dabei auf Technologie MotionX von Frédérique Constant zurück. Von aussen merkt man der Uhr nichts an und auch die Neuerungen im Inneren sind alles andere als revolutionär. Die Marke wird damit ihren Kundenstamm wohl halten können – neue Klientel ist nicht zu erwarten.

Dieser Eindruck setzt sich auch bei weiteren Schweizer Modellen fort. Immerhin: Mondaine, Frédérique Constant und die dazugehörige Alpina können ihre Uhren als «Swiss made» verkaufen. Mit Swissness will auch die Swatch-Gruppe punkten, bleibt an der Baselworld aber zurückhaltend mit ihrer Präsentation.

Server im schweizerischen Militärbunker

Andere Hersteller setzen nach eigenem Vernehmen zu 100 Prozent auf Schweizer Produktion. Der italienische Schmuck- und Uhrenhersteller Bulgari will im Oktober eine eigene Smartwatch präsentieren.

Die neue «Diagono Magnesium concept» soll als Luxus-Datentresor funktionieren – denkbar soll auch eine kontaktlose Bezahlfunktion sein. Bulgari will dabei die gleiche in der Schweiz hergestellte NFC-Übertragungstechnik nutzen wie Swatch für seine angekündigten intelligenten Uhren. Das Besondere: Der Server, auf denen die Cloud-Daten gespeichert werden, befindet sich irgendwo in einem schweizerischen Militär-Bunker.

Tag Heuer kein «Swiss made»

Noch «smarter» will Tag Heuer werden. Der Schweizer Uhrenhersteller präsentierte an der Messe in Basel seine neuen Partner: Google und Intel. Tag-Heuer-Chef Jean-Claude Biver sprach von seiner wichtigsten Ankündigung in seiner 40-jährigen Karriere. Die Android-basierte Smartwatch Carrera Connected soll der Apple Watch ebenbürtig werden. Wie, steht aber noch in den Sternen. Der Haken: Tag Heuer kann nicht mit «Swiss made» werben, denn der Mikroprozessor für die bevorstehenden Applikationen kommt nicht aus der Schweiz.

Kein Problem sagt Biver: Intel inside sei ohnehin ein besserer Werbeträger für eine Smartwatch. Er schlägt sogar vor «assembled and made in Switzerland» (Deutsch: zusammengesetzt und gefertigt in der Schweiz) zu verwenden – eine nicht geschützte Bezeichnung. Besteht das Risiko, dass Smartwatches in Zukunft ohne das Label «Swiss made» auskommen?

Das liege an den Schweizer Uhrenherstellern selbst, sagt Pascal Koenig von der Smartwatch Group. Sein Unternehmen hat sich auf Marktforschung im Bereich der intelligenten Uhren spezialisiert. Koenig sieht die Ankündigung von Tag Heuer als ersten Schritt. Auch in der Schweiz liesse sich bereits zum jetzigen Zeitpunkt komplexe Elektronik herstellen.

Auch Swatch-Miterfinder Elmar Mock ist überzeugt, dass Smartwatches eine Chance sein können für die Schweizer Hersteller. «Im 20. Jahrhundert dienten Uhren der Koordination, sie gaben den Takt des Lebens vor», sinniert Mock. Heute sei hingegen der Austausch wichtig geworden – ganz ähnlich dem Nokia-Werbespruch «Connecting People». «Wer dieses Lebensgefühl künftig mit einer Uhr transportieren kann, der hat die Zeichen der Zeit erkannt.»

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