Keine Überraschung bei der ersten geldpolitischen Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) seit dem Fall der Frankenuntergrenze: Die Notenbank belässt das Zielband für den Dreimonats-Libor bei minus 1,25 bis minus 0,25 Prozent. Und wenn institutionelle Anleger bei der SNB Geld deponieren wollen, müssen sie weiterhin einen Strafzinse von 0,75 Prozent bezahlen, auch die Freibeträge gelten unverändert.
Unbeliebten Negativzins verteidigt
Der Negativzins trage dazu bei, Anlagen in Franken weniger attraktiv zu machen, sagte SNB-Präsident Thomas vor den Medien. Der Franken sei insgesamt deutlich überbewertet und sollte sich über die Zeit weiter abschwächen.
Das gegenwärtige Zinsniveau will die SNB deshalb bis auf weiteres beibehalten. «Es wird die Abschwächung des Frankens weiter unterstützen», so Jordan. Er verteidigte die Einführung der Negativzinsen, die neben den Banken auch die Pensionskassen belasten, wenn sie Geld bei der Nationalbank parkieren wollen. Im aktuellen Umfeld gebe es keine Alternativen zu den Negativzinsen.
Jordan trat erstmals seit dem Frankenschock Mitte Januar wieder vor die Medien. Die Nationalbank änderte damit ihre bisherige Gepflogenheiten: Ihr Direktorium führte bisher nur im Juni und Dezember Medienkonferenzen zur Geldpolitik durch.
Weiterhin am Devisenmarkt aktiv
Ausnahmen vom Negativzins auf Giroguthaben bei der SNB will Jordan weiter abbauen. Einige öffentliche Institutionen sind derzeit davon ausgenommen. «Je mehr Ausnahmen gemacht werden, desto weniger wirksam wird dieses Instrument», begründete der SNB-Präsident die Massnahme. Schliesslich seien es nicht nur ausländische Gelder, die zum starken Wechselkurs beitrügen.
In ihrer Geldpolitik trage die SNB weiterhin der Wechselkurssituation und deren Einfluss auf Inflation und Wirtschaftsentwicklung Rechnung, sagte Jordan weiter. «Wir bleiben deshalb bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv, um die monetären Rahmenbedingungen zu beeinflussen.»
Ob und wie stark die Nationalbank seit Mitte Januar am Devisenmarkt den Franken zu schwächen versuchte, wollte der SNB-Präsident nicht bekannt geben.
Nur vorübergehend weniger Wachstum
Der Konjunktur sagt die SNB trotz grundsätzlicher Erholung eine vorübergehende Abkühlung voraus. Neu gehen die Währungshüter für das laufende Jahr von einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von «knapp 1 Prozent» aus, im Dezember rechneten sie noch mit «rund 2 Prozent». Ihre alte Prognose mussten sie angesichts der Frankenaufwertung seit Mitte Januar revidieren.
Insbesondere im ersten Halbjahr sei mit einer spürbaren Abschwächung der Wirtschaftsentwicklung zu rechnen, glaubt die SNB. Aufgrund dieser Entwicklung sei kurzfristig mit nicht ausgelasteten Produktionskapazitäten zu rechnen, die Arbeitslosigkeit dürfte moderat zunehmen. Die SNB erwartet jedoch, dass sich die weiter erholende internationale Konjunktur positiv auf die Schweiz auswirkt.
Einschätzung von SRF-Wirtschaftsredaktorin Barbara Widmer
«Der geldpolitische Entscheid der SNB ist keine Überraschung – es war nicht zu erwarten, dass sie die Negativzinsen aufgibt oder wieder eine Euro-Franken-Mindestkursgrenze festlegt. Trotzdem hat der Devisenmarkt bereits reagiert, der Franken wurde etwas stärker. Der Grund dafür ist wohl, dass die SNB heute kein neues Signal gesetzt hat, dass man zusätzlich Investoren aus der Schweiz vertreiben will.» |
Keine Deflation erwartet
Jordan rechnet nicht mit einer anhaltenden Negativinflation oder gar einer Deflationsspirale. Der starke Franken und der gesunkene Ölpreis liessen die Inflation vorübergehend aber deutlicher negativ ausfallen.
Für 2015 hat die SNB ihre Inflationsprognose um einen Prozentpunkt auf -1,1 Prozent gesenkt. Ihren Tiefpunkt erreicht die Inflationsrate laut SNB mit -1,2 Prozent im dritten Quartal 2015.