Vergangenen Freitag nahm der internationale Tabakkonzern British American Tobacco (BAT) in seiner Fabrik im jurassischen Boncourt an der Grenze zu Frankreich seine renovierte Produktionsstätte in Betrieb. Gleichzeitig wurde der 200. Jahrestag der Tabakproduktion in der Schweiz gefeiert: Es war 1814, als der französische Kaiser Napoleon das Tabakmonopol errichtete und daraufhin der Unternehmer Martin Burrus aus dem Elsass nach Boncourt floh. Dort legte er den Grundstein für ein Unternehmen, das sechs Generationen lang in Familienbesitz bleiben sollte.
Zielmärkte vor allem Mittlerer Osten und Asien
Was vielen nicht bewusst ist: Die Schweiz ist eine grosse Exporteurin von Zigaretten. Vergangenes Jahr betrug der Wert der exportierten Zigaretten 520 Mio. Franken. Zum Vergleich: Beim Käse waren es nur 50 Millionen Franken mehr. Die Ausfuhren gehen vor allem in Länder des Mittleren Ostens und nach Asien. BAT, mit 450 Beschäftigten wichtigster Arbeitgeber der Region, verweist auf die hohe Qualität der in der Schweiz produzierten Zigaretten. «Die Realität ist, dass wir sehr gute Produkte herstellen müssen für Konsumenten, die das ‹Made in Switzerland› lieben. Und das ist der Grund, weshalb wir hier sind», sagt Jean-Marc Lévy, Marketing-Chef des Konzerns gegenüber «ECO».
Doch das erklärt den Erfolg nur zum Teil. Dank weniger strenger gesetzlicher Auflagen dürfen die hiesigen Hersteller stärkere Zigaretten produzieren, was den Teer- , Nikotin- und Kohlenmonoxid-Gehalt betrifft, als die Europäische Union erlaubt. In den Verhandlungen über ein Gesundheitsabkommen mit der EU ist der Bundesrat vom Parlament ausdrücklich damit beauftragt worden, diesen Wettbewerbsvorteil zu erhalten. Sollte die Schweiz ihre höheren Grenzwerte der EU anpassen müssen, würde das die Schweizer Tabakbranche empfindlich treffen.
Staat zeigt zwei Gesichter in der Tabak-Politik
Der Staat verhält sich widersprüchlich: Einerseits unterstützt er die Tabakbranche, anderseits engagiert er sich in der Prävention. So alimentieren Raucher beim Kauf eines Päckchens Zigaretten gleichzeitig zwei Fonds: Der eine unterstützt Massnahmen gegen das Rauchen, der andere subventioniert Tabakbauern. Mit dem Hauptteil der Tabakbesteuerung werden AHV und IV finanziert: 2013 erhielten sie 2,3 Mrd. Franken.
Für die grünliberale Zürcher Ständerätin Verena Diener gehört diese Widersprüchlichkeit zum Konsum von Genussmitteln. Bezüglich der stärkeren Zigaretten, die die Schweiz produziert, schiebt sie im Interview mit «ECO» die Karte den Herstellern zu: «Die stärkeren Zigaretten sind einfach auch für die Gesundheit schädlicher. Da muss ich sagen: Die Tabak-Industrie nimmt ihre Verantwortung aus meiner Optik nicht wahr.» Sie hält es aber nicht für den richtigen Weg, hier von Schweizer Seite einzuschreiten. «Die Länder müssten für eine Gesetzgebung sorgen, mit der man solch starke Zigaretten gar nicht importieren kann.»
Widersprüchlichkeiten zeigt auch der Entwurf zum neuen Tabakproduktegesetz: So soll es Tabakfirmen verboten werden, Anlässe mit internationaler Ausstrahlung zu sponsern. Hingegen soll Sponsoring von Anlässen wie Open Airs weiterhin erlaubt sein. Letzte Woche hat der Bundesrat das neue Tabakproduktegesetz in die Vernehmlassung geschickt. Spätestens 2019 soll das Gesetz in Kraft gesetzt werden.
Wichtigste Zigaretten-Exportländer für die Schweiz (2013)
Menge (t) | Anzahl Zigaretten (Mrd. Stück) | Wert (Mio. Fr.) | |
---|---|---|---|
Japan | 9100 | 9,3 | 156 |
Bahrain | 3100 | 3,6 | 64 |
Libanon | 2300 | 2,7 | 43 |
Israel | 2300 | 2,5 | 35 |
Saudi-Arabien | 2100 | 2,4 | 58 |
Marokko | 1200 | 1,4 | 25 |
Vereinigte Arabische Emirate | 800 | 0,9 | 20 |
GESAMTHANDEL | 26'400 | 28,9 | 520 |
Quelle: EZV |
Interview: Katrin Freiburghaus
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