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Wirtschaft Teure Mieten: Kunden, Opfer, Profiteure

Personenfreizügigkeit mit der EU bedeutet auch steigende Mieten, gerade in städtischen Zentren. Allerdings sind es meist die finanzkräftigen Zuzüger selber, die die hohe Zeche bezahlen. Und verdrängt wird überraschenderweise nicht der Schweizer Mittelstand, wie ein Blick auf den Kanton Zürich zeigt.

Zum Glück müsse er keine neue Wohnung suchen, stellt Martin Schmassmann fest. Er lebt seit 25 Jahren im Zürcher Quartier Hottingen im Kreis 7 und ist Präsident des Quartiervereins.

Ein Blick auf das aktuelle Angebot scheint ihm recht zu geben: «Am Tor zum Seefeld, Wohnung in Jugendstilhaus, dreieinhalb Zimmer, Miete pro Monat 3130 Franken. Exklusives Wohnen am Klusplatz mit Blick auf den Züri-See, viereinhalb Zimmer, 4 450 Franken.

«Reichen-Ghetto»

Hottingen laufe Gefahr, zum Reichen-Ghetto zu verkommen, befürchtet Schmassmann. Viele Alteingesessene könnten sich die Mieten in den luxussanierten Wohnungen nicht mehr leisten. Dafür gebe es überdurchschnittlich viele finanzkräftige Zuwanderer.

Diese Zuwanderer haben in Zürich gute Jobs gefunden: Im Quartier, an der ETH, am Unispital, unten in der City. Sie stellen hohe Ansprüche an ihr neues Heim. Schweizer Hausbesitzer wollen sie erfüllen. Überall wurde darum saniert, stilvoll umgebaut, elegant ausgebaut, teilweise neu gebaut.

Wer musste weichen?

«Neues verdrängt Altes», beobachtet Schmassmann. Dies ist eine vielgehörte Befürchtung in der Debatte über die Personenfreizügigkeit. Umfangreiche Erhebungen in Stadt und Kanton Zürich zeichnen aber ein anderes Bild: Aus der Stadt verdrängt wurden wegen der Zuwanderung nicht Schweizer Familien, nicht der Mittelstand, sondern die alten Einwanderer aus dem Süden: aus Italien, Spanien, Portugal, der Türkei. Jeder fünfte dieser Haushalte lebt heute am Rand der Stadt oder in der Agglomeration.

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Der Kampf gegen steigende Mieten
aus Echo der Zeit vom 22.01.2014. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 17 Sekunden.

Dagegen leben heute mehr Schweizer in der Stadt Zürich, mehr Familien. Dank der tiefen Hypozinsen haben sich viele Wohnungen gekauft. Auch wer gute Beziehungen hat, lebt vergleichsweise günstig. Die Mehrheit der Mietwohnungen geht nämlich unter der Hand weg.

Hoher Einstiegspreis

Patrick Schnorf, Immobilienmarktexperte bei Wüst und Partner, spricht von einer Abkopplung: «Haushalte in bestehenden Mietverträgen zahlen praktisch gleich viel wie vor zehn Jahren. Wer aber neu in den Markt einsteigt, zahlt 40 Prozent und mehr als damals. Die Zuzüger mit dickem Portemonnaie sind also auch diejenigen, welche zu einem grossen Teil die hohen Mieten berappen müssen.

Der zu kleine Markt für freie Wohnungen folgt der klassischen Theorie der Preisfindung: Grosse Nachfrage trifft auf kleines Angebot. Der Wohnraum in städtischen Zentren wurde so rasch so knapp, weil genau dort auch die neuen, gut bezahlten Jobs für Zuwanderer geschaffen wurden. Und in der Vergangenheit viel zu wenig neue Wohnungen gebaut wurden.

Mieterverband ruft nach dem Staat

Baltasar Glättli, Nationalrät der Grünen und im Vorstand des Schweizer Mieterverbandes, wehrt sich gegen diese Logik des freien Wohnungsmarktes. Es sei falsch, das Ganze nur mit Angebot und Nachfrage zu erklären. Auch gebe es im Moment keinen Stau in der Wohnungsproduktion. «Vielmehr nützen gewisse Investoren die Lage aus und verlangen zu hohe Zinsen. Die Renditeerwartungen an den Wohnungsmarkt führen zu den überhöhten Mieten.»

Glättli fordert darum mehr politische Steuerung des Wohnungsmarktes: Flankierende Massnahmen; eine staatliche Kontrolle für Mietaufschläge. Dazu die landesweite Pflicht, bei einem Mieterwechsel die Altmiete zu deklarieren.

Avenir Suisse: Mehr bauen und Nachfrage stillen

Eine Arbeitsgruppe von Bund und Kantonen kam letzte Woche zu einem anderen Schluss: Formularpflicht Ja, ansonsten sollen aber die die Kräfte des Marktes spielen.

«Richtig», findet Patrick Schellenbauer vom liberalen Think-Tank Avenir Suisse. Wohnen sei sicher ein Grundbedürfnis. Aber der Wohnungsmarkt funktioniere eigentlich ohne staatliche Eingriffe: «Das Grundproblem kann man nur lösen, indem man mehr baut und die Nachfrage befriedigt.»

brut; fref

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