Der Start war holprig. Es hagelte Kritik von den betroffenen Branchen. Rund eineinhalb Jahre nach Einführung der Stellenmeldepflicht zieht das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) Bilanz. Gut 4800 Erwerbslose haben dank der Stellenmeldepflicht eine Arbeit gefunden.
Rund 200’000 zusätzliche Stellen haben die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) den Erwerbslosen im ersten Jahr seit Inkrafttreten der Stellenmeldepflicht vorgeschlagen.
Das von der Politik gesteckte Ziel, nämlich die Arbeitschancen der Inländer zu verbessern, sei erreicht worden. Wer sich vom Bericht Klarheit über die Wirkung der Stellenmeldepflicht erhofft hat, muss sich weiter gedulden.
Anstellungen als falsche Erfolgsgrösse?
Tatsächlich haben die Arbeitgeber seit Einführung der Stellenmeldepflicht markant mehr offene Stellen bei den RAV gemeldet. Das spricht für die Stellenmeldepflicht und daran, aber nur daran, will sich das Seco messen lassen.
Es sei gefährlich, die RAV an den gut 4800 zusätzlich vermittelten Jobs zu messen. So liefe man Gefahr, dass die RAV nur auf den schnellen Vermittlungserfolg aus wären und nicht dauerhafte Wiedereingliederungen vor Augen hätten.
Schliesslich zählen für die Erwerbslosen jedoch die Stellen, die besetzt werden können. Das scheint nicht die Prämisse der RAV und des Seco, das sagt, ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis sei nicht das Ziel der RAV, sondern, dass möglichst viele ausgeschriebenen Stellen auf den RAV einsehbar und passende Bewerbungsdossiers eingereicht werden.
Stellensuchende nutzen Angebot nur teilweise
Für die Stellensuchenden zählt letztlich allerdings, ob sie Arbeit finden. Dies ist offenbar wenigen gelungen, vergleicht man die Zahl der ausgeschriebenen Stellen mit den Anstellungen.
Noch sieht auch nur ein Teil der Stellensuchenden die ausgeschriebenen Stellen mit dem fünftägigen Vorsprung. Nur gerade ein Viertel der bei den RAV angemeldeten Stellensuchenden hat sich beim dafür errichteten Stellenportal registriert.
Arbeitgeber arrangieren sich
Die Zahl der gemeldeten Stellen ist hoch. Das legt nahe: Die Arbeitgeber halten sich an ihre Verpflichtung. Das wertet das Seco so, dass die Akzeptanz hoch sei. Viele Branchen, wie beispielsweise Gastronomie oder Baugewerbe, nehmen die ungeliebte Stellenpflicht wohl oder übel hin, obwohl sie alles andere als zufrieden sind mit dem Instrument.
Nach wie vor spricht beispielsweise der Baumeisterverband von «reiner Bürokratie» und «administrativem Leerlauf». Da hilft wenig, dass das Seco die Berufsbezeichnungen verfeinert hat. Der Verband fordert gar, dass die Stellenmeldepflicht bei gewissen Berufen, in denen Fachkräfte gefragt sind, sistiert werde.
Wirkungsfrage unbeantwortet
Wie die Situation der erwerbslosen Inländer ohne Stellenmeldepflicht ausgesehen hätte, darauf gibt die Bilanz des Seco keine Antwort. Ebenso wenig, ob dadurch die Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte gedrosselt wird. Das Seco verweist auf eine Analyse, die in einem Jahr folgen soll.
So bleibt die Stellenmeldepflicht ein Kind eines politischen Kompromisses, dessen Wirkung ungewiss ist. Das hat die Wirtschaft aber mehrheitlich in Kauf genommen, um grösseres Übel, nämlich die Beschneidung der Personenfreizügigkeit, abzuwenden.