Die US-Strafzölle auf europäischen Stahl und Aluminium könnten mittelfristig auch auf die Schweizer Produzenten grössere Auswirkungen haben. Dann nämlich, wenn Stahlproduzenten aus der EU, ihre Erzeugnisse in der Schweiz abzusetzen versuchen und so die einheimischen Firmen konkurrenzieren.
Was können die Schweizer Behörden in der Sache Unternehmen? Soll sie ihrerseits Einfuhrzölle verhängen, wie das der Verband der Schweizer Alubranche möchte? Antworten hat SRF-Wirtschaftsredaktorin Maren Peters.
SRF News: Welche Massnahmen gegen die negativen Auswirkungen der US-Zölle könnte die Schweiz ergreifen?
Maren Peters: Angesichts der geringen Grösse der Schweiz ist der Spielraum stark begrenzt. Die Strafzölle sind in erster Linie ein Powerplay der USA gegen andere grosse Mächte wie die EU oder China. Die Schweiz steht nur am Rand des Spielfelds und weiss aus Erfahrung, dass es praktisch aussichtslos ist, sich mit den USA anzulegen.
Für die Schweiz ist es allein praktisch aussichtslos, sich mit den USA anzulegen.
Am besten beraten ist unser Land wohl, wenn es sich an die EU anhängen würde. Diese hat angekündigt, unverzüglich ein Streitbeilegungsverfahren bei der Welthandelsorganisation WTO in Genf einzureichen. Sie will dort ihrerseits zusätzliche Importzölle gegen US-Produkte beantragen. Die EU will also gemäss den WTO-Regeln vorgehen. Die Schweiz könnte sich da als Drittpartei anhängen und dann quasi im Windschatten der grossen EU versuchen, ihre Interessen durchzusetzen.
Kann sich die Schweiz auch selbst direkt an die WTO wenden?
Das kann sie natürlich auch. Doch selbst wenn die Schweiz vor der WTO nach langer Prüfung Recht bekäme, müsste sie ihr Recht gegen die USA selber durchsetzen. Doch da hat sie als kleines Land gegen die USA de facto keine Chance. Vielleicht würden die USA am Ende sogar noch härter zurückschlagen.
Was kann die WTO in der aktuellen Situation überhaupt ausrichten?
Die WTO hat feste Regeln des Welthandels definiert, an die sich ihre Mitglieder halten sollten. Tun sie das nicht, gibt es einen Streitbeilegungsmechanismus, der auch recht gut funktioniert. Wenn ein Land findet, dass ein anderes Land die WTO-Regeln verletzt hat, dann kann es dieses Land vor der WTO verklagen. Wenn das klagende Land Recht bekommt, kann es seinerseits Strafmassnahmen verhängen – ganz sauber gemäss den WTO-Regeln.
Auch wenn die WTO geschwächt ist: Sie ist die einzige multilaterale Organisation, die für ein regelbasiertes Handelssystem steht.
Bis es einen definitiven Entscheid gibt, dauert es aber manchmal Jahre, wie man das etwa im Fall Airbus vs. Boeing gesehen hat. Beide Parteien können den Entscheid auch weiterziehen, bis zum Berufungsgericht der WTO. Im Moment ist dieses Berufungsgericht allerdings dadurch geschwächt, dass die USA die Ernennung neuer Richter blockieren. Doch auch wenn die WTO zurzeit geschwächt ist, sie ist immer noch die einzige multilaterale Organisation, die für ein regelbasiertes Handelssystem steht.
Müssten die Regeln bei der WTO nicht geändert werden, damit die Welthandelsorganisation ihre Aufgabe wirklich erfüllen kann?
Tatsächlich gibt es schon lange solche Reformbestrebungen. Doch ihre Umsetzung ist bisher immer daran gescheitert, dass bei der WTO alle Entscheide im Konsens aller derzeit 164 Mitgliedsländer gefällt werden müssen. Im Moment ist eine Reform allerdings völlig unrealistisch. So würde die Trump-Regierung entsprechenden Änderungen bei der WTO keinesfalls zustimmen.
Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.