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Dutzende 100er- und 200er-Banknoten.
Legende: «Wohin bloss mit dem Geld?», fragen sich die Anleger derzeit. Reuters
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Wirtschaft Warum dem Bund Geld leihen und weniger zurückerhalten?

Anleger sind erstmals bereit, für einen zehnjährigen Kredit an die Eidgenossenschaft einen Zins zu bezahlen. Die Anleger erhalten 2025 also weniger Geld zurück, als sie dem Bund jetzt leihen. Warum ist das so und wo führt das hin?

Am Mittwoch machte die Eigenössische Finanzverwaltung gut 230 Millionen Franken Schulden. Begleichen will sie die Schulden im Jahr 2025. Doch anstatt wie üblich den Geldgebern jedes Jahr einen Zins zu zahlen, verlangt der Bund 0,055 Prozent Zins pro Jahr. Das ist neu: Noch nie hat ein Land Anleihen mit einer so langen Laufzeit zu einem negativen Zins herausgegeben.

Zentralbanken fluten Märkte mit Geld

Der Grund liegt in der Geldschwemme der Zentralbanken: Die Europäische Zentralbank EZB und bis vor kurzem auch die US-Notenbank FED fluten die Märkte mit Geld, um die Wirtschaft anzukurbeln. Und weil so viel Geld im Umlauf ist, wissen die Anleger nicht wohin damit.

Die SNB will das Geld nicht: Seit Mitte Januar verlangt sie ab einem gewissen Betrag einen Negativzins von 0,75 Prozent. Das Geld in bar zu horten, wird bei grossen Mengen ebenfalls schwierig – und es kostet. Die meisten anderen Investitionen wie etwa Immobilien sind kurzfristig zwar lukrativer als Bundesanleihen, aber auch riskanter.

Denn Bundesanleihen gelten als äusserst sicher. Nicht nur in der Schweiz sind Anleger in letzter Zeit bereit, für diese Sicherheit zu bezahlen. Auch in vielen anderen Ländern haben die Renditen auf zehnjährige Anleihen rekordtiefe Werte erreicht. In Deutschland sind sie beinahe bei null.

Für kürzere Laufzeiten, beispielsweise für Schulden, die bereits nach sechs Monaten zurückbezahlt werden, erhalten sogar sogenannte Krisenstaaten wie Spanien einen Zins – anstatt selber Zins bezahlen zu müssen.

Kaum Teuerung

Anleger sind noch aus einem zusätzlichen Grund bereit, Negativzinsen in Kauf zu nehmen: Die Inflation ist so tief ist wie schon lange nicht mehr, die Preise für Waren aller Art stagnieren vielerorts, in der Schweiz sinken sie sogar. Unter diesen Vorzeichen kann ein Anleger dem Bund beispielsweise eine Million Franken leihen und dafür sogar einen kleinen Zins bezahlen, denn es lohnt sich trotzdem. Dank der Negativteuerung kann er in einem Jahr mit einer Million tendenziell mehr kaufen als heute.

Blasengefahr!

Staatsschulden sind die Messlatte für Schulden überhaupt. Und wenn das Schuldenmachen so einfach ist wie jetzt, dann ist die Gefahr gross, dass Geld falsch ausgegeben wird, zu hohe Preise bezahlt werden oder Blasen entstehen – etwa auf dem Immobilienmarkt.

Audio
«Es war zu erwarten, dass es dazu kommt»
aus SRF 4 News aktuell vom 09.04.2015.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 38 Sekunden.

Ändern wird sich die Situation erst, wenn die Inflation wieder steigt. Dann werden die Staaten für das Geld, das sie sich leihen, auch wieder einen Zins bezahlen müssen. In den USA gibt es erste Anzeichen für eine solche Entwicklung, Europa hinkt aber auf jeden Fall mehrere Jahre hinterher.

Einschätzung von Urs Brunner (Privatbank Rahn & Bodmer Zürich)

«Wer dem Bund einen Kredit gibt und dafür Geld bezahlt, rechnet entweder mit einer anhaltenden Deflation oder er ist Ausländer und rechnet mit einer Aufwertung des Schweizer Frankens. Ich glaube, dass die Renditen durchaus noch eine Weile lang weitersinken könnten. Angesichts der bescheidenen Nachfrage wird die Inflation vorerst nicht zunehmen. Und auch die Zinsen werden vorderhand auf niedrigem Niveau verharren. Dadurch steigt die Versuchung – gerade für Staaten – weiter Schulden zu machen; und der Druck für Reformen nimmt ab. Ausserdem erhöht sich so das Risiko von Blasen: Etwa an den Bond-, Immobilien- und Aktienmärkten.»
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