«Still Life» ist einer jener Filme, bei denen man sich zuerst fragt, warum man ihn überhaupt sehen soll: einen Film über einen Bestattungsbeamten. Der ganze Film dreht sich bestimmt nur um Tote, denkt man. Doch in Wirklichkeit geht es ums Leben.
John May (Eddie Marsan) ist so eine Art Detektiv des Todes. Ist jemand vereinsamt gestorben, forscht May nach Hinterbliebenen. Das tut er mit solch heiligem Ernst, dass er nicht nur übergründlich, sondern auch ein bisschen langsam ist. Sein Chef nennt es ineffizient und entlässt ihn.
Kampf für das Recht der Toten
Der Film zeigt in erster Linie, wie May seinen letzten «Fall» löst. Bei der Odyssee, die er dabei durch Englands Arbeiterklasse zurücklegt, wächst einem der biedere Beamte immer mehr ans Herz. Denn man sieht bei ihm einen Respekt walten, den die meisten Menschen nicht mal mehr vom Hörensagen kennen.
Dass «Still Life» sich als kleines Filmwunder entpuppt, liegt zu einem grossen Teil an Hauptdarsteller Eddie Marsan. Er geht in der Rolle des nerdigen Bestattungsbeamten, der das Herz auf dem rechten Fleck hat, richtig auf.
Held der Friedhöfe
Die zurückhaltende, geschmackvolle Inszenierung und das stimmige Drehbuch von Uberto Pasolini überzeugen ebenfalls. Wer im Kino gern Entdeckungen macht, sollte sich daher «Still Life» auf keinen Fall entgehen lassen.
Denn der Film ist keineswegs ein trübes Drama, sondern lebt von einer wohltuenden Warmherzigkeit, die frei von jeglichem Zynismus ist. Am Ende empfindet man May, diesen einsamen Kämpfer für würdevolle Abdankungen, fast als so etwas wie einen Helden. 5 von 6 Filmbären.