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Der Umschlag täuscht: Die Männer zeigen ihre Vielfarbigkeit
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«Das halbe Leben» – Elf Männer ganz intim

Elf Männer unter 40 reden über das Leben, das sie bis jetzt gelebt haben. Wo stehen sie heute? Und wie sind sie dahingekommen?  

Die Autorin Susanna Schwager hat elf Männern im Alter von 25 bis 38 getroffen, diese über ihr Leben reden lassen und die Gespräche abgetippt. Die Gesprächigen sind Prominente wie der Musiker Stress oder der Zauberer Michel Gammenthaler, aber zum Beispiel auch ein Polizist mit Migrations-Hintergrund, ein Senn, ein CEO.
Oder der Mönch Jean-Sébastien, der in einem Satz markant ausdrückt, was alle Männer verbindet:

Viele denken - Aha, dieser Mann ist sehr verschiedene Wege gegangen, zuerst Kunst, dann Naturheilkunde und jetzt Mönch. Aber für mich, ist es immer der gleiche Weg, in verschiedene Landschaften.

Die Lebensthemen, Eigenarten, Vorlieben und Krämpfe der Männer ziehen sich meist durch alle Phasen. Karriere und Erfolg, liest man bald aus dem Buch heraus, sind «nice to have», aber nie das Wichtigste. Viel wichtiger sind die Lebenslektionen und die Schlüsse, die mann daraus ziehen kann.

Eine Wundertüte

Die Männer scheinen auf einem Plateau in ihrem Leben angekommen zu sein, den meisten sitzt der Weg dorthin aber noch in den Knochen. Über diese Gemeinsamkeit hinaus ist das Buch eine Wundertüte mit leidenschaftlichen, deprimierten, traurigen, heiteren und erleichternden Stücken.

Das Buch haut einen mit seiner Fülle fast um, mit jeder Lebensgeschichte tut sich eine komplett andere Welt auf. Einige Welten kennt man, andere sind sehr fremd. «Das halbe Leben» ist das absolute Gegenprogramm zur glänzend um Aufmerksamkeit haschenden und oft oberflächlichen People-Medienberichterstattung.

Hier werden Widersprüche gezeigt, es wird gezaudert, wild durcheinander erzählt. Es ist kein Buch das Frauen lesen sollen um Männer besser zu verstehen, denn an den Eindrücken und Ansichten der Männer sieht man einmal mehr: In erster Linie sind wir alle einfach Menschen und nicht Männer und Frauen - Männer sind nicht anders unsicher oder sicherer als Frauen.

Leseprobe:

Seite 219, Stress alias Andres, 33 Jahre, in einem Lokal

Können wir vielleicht dort sitzen, nicht auf diese Sofa. Besser normale Stuhl für mich. Ich habe kaputte Rücken. Diskushernie. Ja, das isch nöd so bequem. Ich rede nicht so laut, geht das für dich? Und wenn ich nicht weiss auf Deutsch, ich sage es Französisch oder Englisch, okay? Weil Deutsch isch nöd so einfach für mich. Ich gebe mir Mühe.
Hi, I'll have einmal Fried Noodles Poulet danke.
Schon interessant, dass Rücken rebelliert, ich finde. Irgendwie. Vielleicht - es ist möglich - es gibt Beziehung zwischen mein Rücken und mein Leben. Vielleicht es gibt Streit zwischen die Person, die ich bin und die Person, die ich darstelle. Stress. Wahrscheinlich schon.

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