Heute steht die offene Information im Zentrum des Arzt-Patentenverhältnisses. Das war nicht immer so: Die Diagnose Krebs war lange ein Tabuthema zwischen Arzt und Patient.
Sicheres Todesurteil
«Krebs war mit grossen Ängsten verbunden, die medizinischen Möglichkeiten waren begrenzt, oft war es eine langwierige Erkrankung und eine Krankheit, die mit unsäglichen Schmerzen verbunden war. Krebs wurde mit einem Todesurteil gleichgesetzt», sagt Daniel Kauz, Historiker und Autor des Buchs «Vom Tabu zum Thema? 100 Jahre Krebsbekämpfung in der Schweiz zwischen 1910 und 2010».
Neue Therapien, neue Hoffnung
Mitte der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts setzt sich neben der Chirurgie die Bestrahlungstherapie als weiterer Therapiezweig durch. Dies nicht nur, weil die Bestrahlungstherapie gewisse Tumore zerstören oder zumindest bremsen konnte, sondern auch, weil die Radiologen damit ihre Chance witterten. So konnte sie sich vom reinen Dienstleister als Durchleuchter in den Kellern der Spitälern zu aktiven, behandelnden Therapeuten am Patientenbett mausern. So funktionierten ab Mitte der 30er-Jahre Chirurgie und Bestrahlungstherapie Hand in Hand.
Aber was die Behandlung von Krebs betrifft, tappte die Medizin trotz aller Chirurgie und Radiologie weitgehend im Dunkeln. Diese Ratlosigkeit kontrastierte scharf mit der in der Öffentlichkeit vermittelten Zuversicht, den Krebs bereits besiegen zu können.
Von der Krankheit zum Phänomen
In den letzten 20 Jahren hat sich die Krebsmedizin punktuell entscheidend weiterentwickelt, vor allem dank der neuen genetischen und biologischen Forschung. Aber die Hoffnungen, mit der Entzifferung des menschlichen Erbguts auch den Krebs besiegen zu können, erfüllten sich bisher nicht.
Krebs ist heute nicht mehr eine Krankheit, sondern nur noch der Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen mit unterschiedlicher und meist noch unbekannter Ursache. «Wir können nicht mehr von einem einheitlichen Phänomen ausgehen. Wir haben bakteriell verursachte Krebse, solche, die sich durch chronische Phänomene radikalisieren, es gibt genetische Formen», sagt Martin Lengwiler, Historiker für allgemeine, neuere Geschichte an der Universität Basel.