Marinis Passion für die Musik der einfachen Leute beginnt Ende der 50er-Jahre nach einer Begegnung mit dem Filmemacher Pier Paolo Pasolini. Nach 20 Jahren Faschismus waren Volkslieder damals ganz aus der italienischen Öffentlichkeit verschwunden. Dank Marinis unermüdlicher Feldforschung wissen wir, mit welchen Liedern sich die Reisarbeiterinnen Norditaliens zur Arbeit motivierten oder wie sich religiöse Prozessionen mit uralten Liedtraditionen vermischten.
Giovanna Marini, die in diesen Tagen 77 Jahre alt wird, erzählt in der Sendung, wie sie in den 60er-Jahren Bauern und ihre Musik auf die Bühne brachte und damit das gutbürgerliche Publikum vor den Kopf stiess. Wie sie selber Lieder zu komponieren begann und sie als Volkslieder ausgab, weil sie sich als klassisch ausgebildete Gitarristin lange für ihre «einfachen» Lieder schämte. Und wie sie auch heute noch auf ihren Reisen viele alte Lieder findet, weil sich viele Leute gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten wieder in uralte Riten und Traditionen flüchten.