Der zwölfjährige Sam (Jared Gilman) hat eine Brille und spricht etwas komisch. Das muss der Nerd der Geschichte sein, denkt man. Doch je länger «Moonrise Kingdom» dauert, desto mehr erhält man den Eindruck, sämtliche Figuren auf der fiktiven Insel New Penzance seien Nerds.
Das ist typisch für den Regisseur Wes Anderson, Helden sind nicht so sein Ding. Lieber führt er Normalos vor, die den einen oder anderen Flick weg haben. Zum Beispiel die «verknorzten» Eltern (Frances McDormand, Bill Murray) von Suzy (Kara Hayward).
Pfadikopf und Inselsheriff
Kein Wunder, will das eigenbrötlerische Mädchen mit Sam, der aus dem Pfadilager ausgebüchst ist, durchbrennen. Lagerleiter Ward (Edward Norton) sucht mit seinen uniformierten Knirps die vermissten Kinder. Der Inselsheriff (Bruce Willis) bleibt die Ruhe in Person und guckt ebenso deprimiert aus der Wäsche wie die meisten Inselbewohner.
Aus dieser verklemmten, gepützelten und durchorganisierten Erwachsenen-Welt des Jahres 1965 fliehen Suzy und Sam, um ein romantisches Insel-Abenteuer zu erleben. Oder zumindest das, was die Kinder sich darunter vorstellen.
Für Liebhaber schrägen Humors
Wes Anderson kreiert in «Moonrise Kingdom» eine Art Legoland der bürgerlich-konservativen Seite der amerikanischen Sixties. Da sind die Uniformen sämtlicher Pfadfinder so blitzblank und tiptop gebügelt, als ob sie sich in einem Krankenhaus und nicht in einem Zeltlager in freier Natur befänden.
So bünzlig das alles aufs Auge wirkt, so lustig kommen die Dialoge und Szenen daher. Als dann noch Tilda Swinton als strenge Sozialarbeiterin und Harvey Keitel als Oberpfadi-General erscheinen, ist Wes Andersons «Paradies» für Liebhaber schrägen Humors perfekt.