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Der grosse Gatsby
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Das Meisterwerk

Der Roman «The Great Gatsby» von Francis Scott Fitzgerald wird bereits zum fünften Mal verfilmt, heuer gar mit Leonardo di Caprio als Jay Gatsby. Was fasziniert noch immer an einem bald 90 Jahre alten Stoff?

Eigentlich ist Nick Carraway, Amerikaner, 32, die Hauptfigur des Buches, nicht der titelgebende Gatsy, denn: Es ist Nick, der uns erzählt, was sich vor zwei Jahren, im Juni 1922 auf Long Island zugetragen hat:

In der Villa des jungen und vermögenden Jay Gatsby werden rauschende Feste gefeiert, alles ist von Rang und Namen: Von den Getränken und Speisen über die Musik und Unterhaltungseinlagen bis hin zu den Gästen. Nur einer fehlt meistens: Jay Gatsby selber. Denn eigentlich macht er die Parties nicht für sich. Sondern für Daisy.

Daisy - ein verwöhntes kleines Mädchen im Körper einer Frau - und Gatsby waren vor fünf Jahren ein Liebespaar. Bis Gatsby als Offizier nach Europa musste. Daisys Kummer währte nicht lang und sie heiratet den stolzen und reichen Tom Buchanan.

Gatsby will Daisy beeindrucken. Mit seinem Anwesen und seinen Parties. Daisy ist in der Tat hin und weg - die Frage ist nur: Wovon? Vom BlingBling oder dem Menschen Gatsby? Und umgekehrt: Ist die tieftraurige und oberflächlich wirkende Daisy wirklich das, was Gatsby begehrt? Daisy und Gatsby stellen diese Fragen nicht laut. Es ist Nick, der die Fragen aufwirft.

«The Great Gatsby» ist ein absolut einnehmendes Buch über die amerikanische Gesellschaft der 20er Jahre, Fitzgerald favorisierte bis kurz vor Erscheinen des Buches den Titel «Under the Red, White and Blue», der auf die Amerikanische Flagge anspielt. Das Buch lässt sich auch gut in internationalem Kontext lesen: Es fällt - insbesondere in der Heutzeit - leicht, sich in ein Gedankengefängnis einzusperren, das «es ist alles möglich» heisst. Zudem werden in der Geschichte zeitlose Themen wie Projektion (vor allem in Liebesdingen) oder die «Geld macht glücklich» - Mär aufgenommen.

Die raffinierte Dramaturgie besticht noch immer und der Stil des Buches - eine Ich-Perspektive, die mit verschiedenen Elementen wie zum Beispiel lyrischen spielt - war ein Novum der 1920er Jahre und hat die moderne amerikanische Literatur geprägt.

Die Lieblingspassage ...

... von SRF 3 Moderator Andi Rohrer:

Der Ich-Erzähler Nick Carraway über eine Party in New York:

The bottle of whiskey--a second one--was now in constant demand by all present, excepting Catherine who "felt just as good on nothing at all." Tom rang for the janitor and sent him for some celebrated sandwiches, which were a complete supper in themselves. I wanted to get out and walk eastward toward the park through the soft twilight but each time I tried to go I became entangled in some wild strident argument which pulled me back, as if with ropes, into my chair. Yet high over the city our line of yellow windows must have contributed their share of human secrecy to the casual watcher in the darkening streets, and I was him too, looking up and wondering. I was within and without, simultaneously enchanted and repelled by the inexhaustible variety of life.

... von SRF 3 Literaturexpertin Tanja Kummer 

Die von einem der rauschenden Fester bei Jay Gatbsy auf Long Island erzählt:  

Die Lichter funkeln heller, während sich die Erde taumelnd von der Sonne wegbewegt. Jetzt spielt die Band gelbe Cocktailmusik, und die Oper der Stimmen wechselt in eine höhrere Tonart. Von Minute zu Minute wird das Lachen freien und ergiesst sich verschwenderisch in die Runde, wenn ein Witzwort es zum Überlaufen bringt. Die Grüppchen formen und verändern sich jetzt rascher, schwellen durch Hinzutretende an, zerlaufen und bilden sich neu in einem Atemzug - und schon sind die Wanderer unterwegs, beherzte Mädchen, die sich zwischen die hartnäckiger und solider beieinander Stehnden schlängeln, für einen kurzen, freudigen Moment zum Mittelpunkt der Gruppe werden und dann, vom eigenen Triumph erregt, weitergleiten durch das Wogen der Gesichter, der Stimmen und der Farben im ständig wechselnden Licht.

Francis Scott Fitzgerald: Der grosse Gatsby 
Diogenes-Verlag, 256 Seiten 
ISBN: 978-3-257-24089-4

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