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Anne Dorval und Antoine-Olivier Pilon brillieren als Mutter und Sohn.
Pathé
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 49 Sekunden.
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«Mommy» - Mami im Quadrat

Xavier Dolan - diesen Sommer lief sein «Tom à la ferme» bei uns - hat noch keinen einzigen Film gemacht, der einen kalt lassen würde. Auch «Mommy» schüttelt das Publikum nun durch und bietet trotzdem (oder gerade deswegen) cineastische Glücksgefühle. «Mommy» gewann in Cannes den Jurypreis.

Xavier Dolan wird zurecht als Wunderkind bezeichnet. Der Frankokanadier ist erst 25 und präsentiert mit «Mommy» bereits seinen fünften Langspielspielfilm. Als sein Erstling «J'ai tué ma mère» Premiere feierte, war er gerade mal 20.

Und nun überrascht der junge Mann, der Regie führt, schauspielert, schneidet, produziert und Kostüme entwirft, die Filmwelt frech mit einem abendfüllenden Film im Format 1:1. Über zwei Stunden quadratische Bilder, das gab es so noch nie im Kino.

Film im Quadrat
Angefangen hat es mit einem Musikvideo, das Dolan 2013 für Indochine schwarzweiss und quadratisch gedreht hat. Das Format, das man von Fotoapparaten wie Rolleiflex, Hasselblad oder Kodak kannte, war durch die Popularität von Instagram plötzlich wieder hip.

In «Mommy» benutzen Dolan und sein Kameramann André Turpin das Format, um die Ausweglosigkeit der Hauptfiguren zu unterstreichen. Denn das quadratische Format verweigert auch dem Zuschauer den Ausweg. Man kann sich nicht von den Gesichtern abwenden und den Hintergrund links oder rechts betrachten, weil die Gesichter den ganzen Bildausschnitt füllen.

Sohn im Quadrat
Mit formalen Mitteln intensiviert Dolan also das ohnehin schon intensive Kinoerlebnis, in das er das Publikum mit dieser Mutter-Sohn-Geschichte stürzt. Schilderte der schwule Filmemacher in «J'ai tué ma mère» so eine Beziehung aus Sicht des Sohnes, tut er es in «Mommy» nun aus Sicht der Mutter.

Und die hat mit ihrem pathologisch um Aufmerksamkeit heischenden und zu Gewaltausbrüchen neigenden Sohn wirklich ein schweres Los gezogen. Völlig unsentimental steuert Dolan das Drama der alleinerziehenden Mutter auf die Katastrophe zu. Starkes Schauspielerkino. 5 von 6 Filmbären.

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