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Einer der Friedhöfe für Kriegsopfer in Sarajevo. «Wenn nur nicht wieder geschossen wird», sagen sich die Leute. Die Angst vor neuer Gewalt macht sie duldsam.
SRF. Christoph Wüthrich
abspielen. Laufzeit 28 Minuten 11 Sekunden.
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Bosnien – Angst schüren, um an der Macht zu bleiben

Warum steckt Bosnien-Herzegowina so tief in der Krise? Wieso gelingt es nicht, unfähige und korrupte Machthaber abzuschütteln? Wer diese Fragen stellt, bekommt immer wieder das Wort Angst zu hören. Angst vor willkürlicher Kündigung, Angst. zusammengeschlagen zu werden, und auch Angst vor Krieg.

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Angst ist in Bosnien zum entscheidenden Instrument der Macht geworden. Der Krieg ist zwar vor 24 Jahren zu Ende gegangen, aber die Spaltung des Landes ist nicht überwunden, im Gegenteil. Drei Eliten, die im Krieg reich und mächtig geworden sind, haben in ihren Gebieten drei getrennte Machtpyramiden aufgebaut mit getrennten Medienräumen und mit je einer völlig verschiedenen Sicht auf die Vergangenheit.
Diese Eliten, sowohl bei den muslimischen Bosniaken, den orthodoxen Serben als auch den katholischen Kroaten setzen die Angst ein, um die Leute systematisch zu manipulieren. Erst einmal schüren sie immer wieder die Angst vor einem neuen Krieg. Der Soziologe und Psychologe Srdjan Puhalo sagt, es mache den Eindruck, dass sich die drei Eliten in gegenseitiger Absprache die Provokationen wie Ping Pong Bälle zuspielen.
Der Effekt des Ping Pongs: Auf allen Seiten haben die Leute Angst, dass es wieder zu Gewalt kommt. Lieber schweigen sie und erdulden alles, solange nur nicht wieder geschossen wird. So lenken die korrupten und unfähigen Eliten die Öffentlichkeit ab von den sozialen Problemen, die sie nicht lösen, von Korruption, Armut und von einem miserablen Bildungs- und Schulwesen.

Die Angst wird auch eingesetzt, um Journalisten zum Schweigen zu bringen, die über Korruption berichten, und Demonstranten, die gegen die Obrigkeit aufmucken. Sie müssen mit Gewalt von angeheuerten Schlägern und von Polizisten rechnen. Dann gibt es noch eine weitere Angst, die von den bosnischen Eliten ganz subtil aber äusserst effektiv eingesetzt wird. Die Tentakel ihrer Parteien reichen nämlich bis an den Arbeitsplatz der Bürgerinnen und Bürger.

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