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«Der Tag des Königs» des marokkanischen Autors Abdellah Taïa ist nun auch in deutscher Sprache erhältlich.
Ulf Andersen/suhrkamp
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 33 Sekunden.
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Zarte Freundschaft in harten Zeiten

Endlich wurde ein   Roman des umstrittenen Autors Abdellah Taia  auf Deutsch übersetzt. «Der Tag des Königs» erzählt von einer berührenden Freundschaft und den sozialen Verhältnissen in Marokko im Jahre 1987.

Sie wohnen in Salé, sind 14 Jahre alt, Schulkameraden und beste Freude: Omar, der in Armut lebt und für seinen Vater sorgen muss, und - Khalid, der mit seinen Eltern im reichen Viertel von Salé wohnt, in einer Villa und mit Angestellten. Sie sehen sich oft, erzählen sich ihre Geheimnisse, entdecken die Sexualität.

In Marokko ist es unter der Herrschaft von Hassan II. wichtig, dass man einen guten Freund hat, denn er ist ein grausamer König, lässt Oppositionelle verfolgen und verschwinden und unterdrückt Arme.

Hoffnungslosigkeit prägt Omars Leben

Die Spannung in der Bevölkerung zeigt sich beim Erzähler Omar deutlich - in der Art, wie er lebt, denkt, was er kocht, wo er Rat sucht, alles ist geprägt von der Annahme, dass er im Leben sowieso nichts erreichen wird. Khalid ist sein Licht in der Hoffnungslosigkeit. Bis zum «Tag des Königs» an dem Hassan II. nach Salé kommt. An diesem Tag zerbricht die Freundschaft der beiden Jungs auf brutale und verstörende Art und Weise.

Ungeschönigter Blick auf Marokko

Dieses durch seinen knappen Stil - kurze Sätze, viele Dialoge - umso eindringlichere Werk zeigt anhand einer Freundschaft Situation und Stimmung eines ganzes Landes.
Der 1973 in Rabat geborene Schriftsteller Abdellah Taia lebt in Paris, steht öffentlich zu seiner Homosexualität und schreibt auch darüber - und wird darum in seinem Heimatland bedroht. Mit seinen Werken ermöglicht er eindrückliche und ungeschönigte Einblicke in einen Teil der Geschichte Marokkos.

Leseprobe:
«Khalids Zimmer war immer in Dunkelheit gehüllt. Die Fensterläden waren vollständig geschlossen. Ich suchte das Licht. Es war unter dem Bett. Eine kleine Taschenlampe, die Khalid nachts zum Lesen diente. Ich knipste sie an. Ich war in einer anderen Welt. In einer anderen Dimension. Weit von der Erde entfernt. Eine Villa, verloren im Weltraum. Ich hatte Angst. Ich war aufgeregt. Ich traf meinen Freund Khalid, um diese widersprüchlichen Gefühle zu bewahren und zugleich ein anderer zu werden. Im Palast von Khalids Familie hatte die Realität nicht mehr denselben Geschmack und dieselben Farben. Sogar Gott, unser aller Gott, war dort anders. Er war nicht mehr da.»

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