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Careva Džamija, die älteste Moschee in Sarajevo.
Wikimedia.com/Julian Nitzsche
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Bosnien und sein Problem mit den Salafisten

In Bosnien gebe es Salafisten-Dörfer, wo sich die Polizei nicht hingetraue. Terroristen würden dort angeworben und trainiert. So und ähnlich tönt es seit einiger Zeit in zahlreichen Berichten. Wer aber sind diese Salafisten? Ist Bosnien tatsächlich zur Brutstätte eines militanten Islams geworden?

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Nach dem Bosnienkrieg haben sich in mehreren verlassenen Serbendörfern entlang der ehemaligen Frontlinie sogenannte Salafisten niedergelassen. Es sind muslimische Bosnier mit ihren Familien. Zumeist waren sie im Krieg mit arabischen Kämpfern in Kontakt gekommen, die den bosnischen Glaubensbrüdern zu Hilfe geeilt waren und die salafistische, wortgetreue Auslegung des Islams ins Land gebracht hatten. Aus diesen Dörfern sind rund 250 Männer und Frauen in den Krieg nach Syrien und Irak gezogen. Ein Teil von ihnen ist inzwischen zurück und steht vor Gericht.

Die bosnischen Behörden haben ein Verbot von Jihad-Reisen erlassen und die Islamische Glaubens-Gemeinschaft, die muslimische «Landeskirche» Bosniens bekämpft den Radikalismus. Sie zwingt alle salafistischen Gemeinden zur Mitgliedschaft und nimmt Einfluss auf die Auswahl der Imame.

Der Besuch in den Salafisten-Dörfern zeigt, dass die Situation dort nicht so dramatisch ist wie oft beschrieben. Viele christliche Serben sind in die Dörfer zurückgekehrt und leben friedlich mit den Salafisten zusammen. Bosnische Politologen und Soziologen sagen, dass die grosse Mehrheit der Salafisten im Land zwar nach eigenen Regeln lebten, damit aber die Gesetze des Staates nicht verletzten. Trotzdem muss die Gefahr ernst genommen werden, dass sich vereinzelte Salafisten radikalisieren und Gewalt anwenden. Das Problem liegt darin, dass der bosnische Staat wegen des ungelösten Konflikts aus dem Bosnien-Krieg nicht wirklich handlungsfähig ist.

Auf der einen Seite stilisieren serbische Nationalisten die Salafisten zu einer riesigen Bedrohung empor, auf der anderen Seite gehen muslimische Bosnier in eine Verteidigungs-Haltung und negieren das Problem. Die politische Instrumentalisierung des Problems behindert seine Lösung.

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