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Live am Korrespondententag Chat mit unseren KorrespondentInnen

Sie fragten, die 18 AuslandkorrespondentInnen gaben Antwort – live aus dem Museum für Kommunikation in Bern.

Die besten Fragen und Antworten

Die Frage stellt sich nicht ob sie objektiv und umfassend berichten, sondern eher wie? Wie berichtet man unvoreingenommen und neutral? Der Mensch hat eine Meinung - auch ihre Autoren. Wie gelingt es ihnen diese doch in den Hintergrund zu stellen?Susanne Brunner, Nahost-Korrespondentin: Eine Meinung haben wir alle. Wichtig ist, dass ich mir bewusst bin, was meine Meinung ist, und umso mehr achte ich auf "blinde Flecken" in meiner Wahrnehmung. Der Rest ist Handwerk: offene Ohren haben für verschiedene Seiten, fair sein. Und: unsere Beiträge werden von Senderedaktionen angehört, bevor sie gesendet werden. Da wird jeder Beitrag nochmals hinterfragt. Und sollte er beim Publikum trotzdem als einseitig wahrgenommen werden, dann haben wir auch offene Ohren für Kritik.
Kommt es in umkämpften Gebieten (vor allem im Nahost) oft vor, dass man für ein sicheres Geleit Schutzgelder bezahlt, resp. einen Führer anheuert, um sicher durch ein Gebiet zu kommen?Patrik Wülser, Auslandredaktion: SRF vermeidet grundsätzlich Situationen, in denen das Leben unserer Korrespondenten gefährdet ist. Gelegentlich reist man im sicheren Geleit eines UN-Konvois oder des Roten Kreuz.
Warum müssen wir auf Radio SRF1 immer wieder Berichte von Deutschen ARD-Reportern hören obwohl Radio/TV SRF in diesem Land selbst einen Reporter hat?Karin Wenger, Südostasien-Korrespondentin: Zu unserer Arbeit gehören extrem viele Reisen. Wenn ich aber im Niemandsland in Kachin bin und vielleicht nicht einmal Internet-Zugang habe, zur gleichen Zeit jedoch ein aktuelles Ereignis auf den Philippinen geschieht, dann sollen die Hörerinnen und Hörer so schnell wie möglich informiert werden - dann greifen wir auf Beiträge von ARD-Kollegen zurück. Manchmal vertreten wir uns auch gegenseitig.
Wie viele unserer Korrespondenten sprechen NICHT die offizielle Landessprache?Patrik Wülser, Leiter Auslandredaktion: In Europa sprechen alle KorrespondentInnen die offizielle Landessprache, ebenso in China oder in Russland. Schwierig wird es in Ländern mit 20-30 Amtssprachen. Dort arbeitet man zwingend mit Dolmetschern.
Wie schützen Sie sich vor den Gefahren im Land? Sie sind ja meistens alleine unterwegs.Susanne Brunner, Nahost-Korrespondentin: Ich werde ganz selten ganz alleine unterwegs sein. Ich reise mit Fahrer/Übersetzer oder Übersetzerin, mit Leuten, die sich auskennen in der Region, in der ich gerade unterwegs bin. Wichtig ist, sich ständig zu informieren und auch auf sein Bauchgefühl zu hören: das sagen alle, die in dieser Region leben und arbeiten.
So spannend, interessant und abwechslungsreich der Job als Korrespondent oder Korrespondentin auch klingt, gibt es sicher Dinge, die einen stören. Was sind die Schattenseiten, die diese Aufgabe so mit sich bringt?Susanne Brunner, Nahost-Korrespondentin: Es gibt zum Glück nicht so viele Schattenseiten. Eine ist vielleicht, dass wir 24 Stunden pro Tag / 7 Tage die Woche auf Abruf sind, auch wenn wir auch mal "Pause!" rufen können, dass es manchmal sehr lange dauert, bis man ein Visum oder eine Bewilligung erhält, oder diese auch abgelehnt wird, und dass man manchmal ganz einfach Freunde und Bekannte vermisst.
Wie willkommen fühlt man sich als Schweizer, nach langjährigem Aufenthalt in anderen Ländern? Urs Wälterlin, Korrespondent Australien/Ozeanien: Auch nach 26 Jahren ist Australien für mich nur bedingt Heimat. Das hat nicht nur damit zu tun, dass ich auch noch nach so langer Zeit noch immer primär Schweizer bin, und mich auch als solchen sehe. Es hat damit zu tun, dass man in Australien nie wirklich dazu gehört, so sehr man sich auch anstrengen mag. Trotz seiner Multikulturalität ist auch Australien Fremden gegenüber skeptisch, ja abweisend. Wichtig: das gilt nicht für Touristen - denn die gehen ja wieder. Wer aber dortbleiben will, dem weht plötzlich ein ganz anderer Wind entgegen. Denn dann ist man nicht mehr ein Exot aus einem fremden Land. Man ist ein Mit-Wettbewerber.
Meine Tochter ist fasziniert vom Beruf der Auslandskorrespondentin. Sie hat letztes Jahr die Matura gemacht und ist danach drei Monate in Afrika gewesen (in Malawi) und verweilt momentan in den Staaten. Was würden Sie vorschlagen als gute Vorbereitung für diesen Beruf? Welches Studium wäre ein geeignetes? Charles Liebherr, Frankreich-Korrespondent: Ausland-Korrespondenten arbeiten in der Regel einige Jahre als Journalist, zum Beispiel im Radio bevor sie ins Ausland wechseln. Es gibt verschiedene Wege, Journalist zu werden. Ich habe Geschichte und Deutsch studiert, später ein Nachdiplomstudium absolviert in Wirtschaft und Politik. Ich war ein Jahr an einer französischsprachigen Universität. Meine Kollegen haben Recht, oder Geografie, Naturwissenschaften oder Sprachen studiert und/oder eine Journalismus-Ausbildung an einer Fachhochschule absolviert. Wichtig ist, dass man mit der Zeit ein Spezialgebiet erschliesst, ein Thema oder eine Region. So hat man später gute Chancen als Journalist arbeiten zu können.
Wie wichtig ist für Russland die Wirtschaftsbeziehung zur Schweiz, vor allem jetzt wo Sanktionen des Westens verschärft werden könnten? Was für Folgen sind zu spüren als Journalist, wenn sich der Konflikt zuspitzt? Werden amerikanische Kollegen ignoriert und zum Beispiel nicht eingeladen zu Meetings? David Nauer, Moskau-Korrespondent: Die Schweiz ist für Russland wirtschaftlich kein unwichtiger Partner, aber natürlich viel kleiner als die EU oder China. Das Klima für mich als Korrespondent ist im Alltag nicht beeinträchtigt durch den West-Ost-Konflikt. Allerdings spüre ich eine grosse Zurückhaltung bei offiziellen Vertretern der russischen Regierung, mit westlichen Journalisten zu reden. Manchmal ist es sehr schwer bis unmöglich, ein Interview zu bekommen, weil das Gegenüber uns als "gegnerisch" oder gar "feindlich" wahrnimmt. Das erschwert auch für uns die Berichterstattung.
Wie kann ich sicher gehen, dass die SRF-Korrespondenten uns Medienkonsumenten nicht einseitig informieren? Beispielsweise: Opposition vs. Nationale Regierung in Syrien, der Ukraine oder der Türkei. Franco Battel, Italienkorrespondent: Wir sind dazu verpflichtet, stets unvoreingenommen, fair und ausgewogen zu berichten. Das heisst: wir versuchen stets die verschiedenen und oft auch konträren Positionen darzustellen und einzuordnen. Bei dieser Einordnung kann es aber schon vorkommen, dass ein Korrespondent eine Position als fundierter bezeichnet als andere und dies auch begründet. Zudem ist es auch unsere Aufgabe, offensichtliche Falschinformationen als solche darzustellen.
Wie gut muss man ein Land kennen, bevor man da als Korrespondent arbeiten kann? Ist zum Beispiel die Beherrschung der Landessprache schon von Anfang an Pflicht? Wie sieht es bei der Kultur des Landes aus? Karin Wenger, Südostasien-Korrespondentin: Natürlich ist es von Vorteil, wenn man Sprache und Land schon kann und kennt, aber einige Gebiete wie Südasien, wo ich sechseinhalb Jahre gearbeitet habe, und auch Südostasien, wo ich jetzt arbeite, sind so gigantisch gross und haben Hunderte von Sprachen, dass es unmöglich ist, sich da von Anfang an überall auszukennen - und auch nach sechs Jahren kennt man nicht alles. Bei solchen Gebieten ist es umso wichtiger, dass man sich vom Chaos nicht überwältigen lässt, dass man auf ständiger Entdeckungsreise bleibt, dass man mit grossem Lernhunger wieder neue Sprachen lernt - in Indien begann ich Hindi zu lernen, jetzt lerne ich Thailändisch - und einige Sprachen wie Englisch oder Französisch, ja, die sind einfach Pflicht.
Warum sind die Korrespondenten von Radio und Fernsehen SRF nicht dieselben?Franco Battel, Italienkorrespondent: Eine Reportage fürs Radio oder fürs Fernsehen sind zwei sehr verschiedene Dinge. Entweder ich realisiere während des Tages eine Radio-Reportage fürs Echo der Zeit oder eine TV-Reportage für die Tagesschau. Beides zusammen zu machen, ist nicht möglich. Darum braucht es in der Regel zwei Leute vor Ort. Was möglich wäre: eine live Einschaltung ins Echo und in die Tagesschau, das heisst: Fragen beantworten. Aber wenn mehr gefragt ist: Bilder und Ton oder eben fürs Radio nur Ton, dann kann das eine Person meist nicht alleine leisten.
Ich nehme an, dass die Berichterstattung unserer AuslandkorrespondentInnen auch von den jeweiligen Ländern verfolgt wird. Wie schaffen sie es, trotzdem über heikle Themen zu berichten und wie werden sie in ihrer täglichen Arbeit vor Repressalien geschützt?
Martin Aldrovandi, Nordostasien: Als Auslandkorrespondent in China habe ich persönlich wenig Repressalien zu befürchten. Problematisch ist es je nach Thema aber für die Interviewpartner. Da kann es auch vorkommen, dass ich bestimmte Aussagen der Interviewpartner weglassen muss, oder sie selbst einordne. Eine weitere Möglichkeit ist, mit Pseudonymen zu arbeiten oder nicht die ganzen Namen der Interviewpartner zu verwenden.
Nach welchen Kriterien werden die Destinationen zugewiesen? Werden persönliche Wünsche der Korrespondenten berücksichtigt oder geht das nach Seniorität? Patrik Wülser, Leiter Auslandredaktion: Geeignete Personen können sich intern auf die offenen Stellen bewerben. Niemand wird gegen seinen Willen in eine Weltgegend verpflanzt. Neben journalistischen Kriterien sind Sprachkenntnisse, "Geländegängigkeit", Erfahrungen in einer bestimmten Weltgegend etc. ausschlaggebend.
BadNews vs. GoodNews: Wie schafft man es als Korrespondentin aus dem "dunklen Kontinent Afrika" neben all dem Elend, wirtschaftlicher Ausbeutung, Korruption und Katastrophen auch über Erfreuliches, Visionäres und Aufstellendes zu berichten?
Anna Lemmenmeier, Nairobi: Wenn man den Blick dafür hat gibt es Tausende
erfreuliche, visionäre und aufstellende Geschichten aus Afrika. Ich
werde in meinem Alltag täglich mit diesen Geschichten konfrontiert und
es ist meine Aufgabe auch diese zu erzählen.
Wohnt man immer am gleichen Ort, oder wohnt man quasi im Wohmobil? Franco Battel, Italienkorrespondent: Man wohnt immer am gleichen Ort. Ich zum Beispiel in Rom. Von dort aus reise ich in mein Berichtsgebiet. Pro Monat unternehme ich im Durchschnitt eine oder zwei Dienstreisen. Weil Italien ja nicht so gross ist, reise ich meist im Zug. Oft kehre ich am Abend wieder nach Rom zurück.
Meine Freundin meint, ich solle mich ausgewogen informieren und auch mal andere Medien konsumieren ausser der NZZ/SRF. Ich gehe mit ihr grundlegend einher und frage: gibt es russische Medien die in ähnlicher Qualität und Unabhängigkeit wie hiesige Medien informieren? (Die Freundin schaut jeweils russische Nachrichten). Wie informieren Sie sich und beurteilen die Güte/Seriosität einer Quelle?David Nauer, Russland-Korrespondent: Auf Englisch finde ich die Moscow Times eine gute Quelle. In russischer Sprache empfehle ich die Zeitung "Novaya Gazeta", den Radio Sender "Echo Moskvy" oder den TV-Sender "Doschd". Ich informiere mich zudem in der russischen Wirtschaftspresse, etwa bei "Wedomosti" und "RBK". Diesen genannten Medien kann man in der Regel vertrauen, auch wenn sie unterschiedliche Schwerpunkte haben. Die "Novaya" berichtet viel von Menschenrechtsverletzungen, "RBK" kritisiert die Wirtschaftspolitik der Regierung.

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