Wird «Corona» Wort des Jahres 2020? Bis zum 4. Dezember sammelten die Linguisten der ZHAW Wortvorschläge aus dem Publikum. Die Jurymitglieder haben die Qual der Wahl, aus einer Longlist von rund 100 Wörtern den Sieger zu küren. Das Wort des Jahres wird am 8. Dezember bekanntgegeben.
Wegen Corona ein einfacher Jahrgang?
Es scheint ein einfacher Jahrgang zu werden, denn um das Thema «Corona» kommt die Jury wohl nicht herum. Die Linguistin Marlies Whitehouse von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) leitet das Projekt «Wort des Jahres». Für sie werde die Wahl dieses Jahr wegen Corona aber nicht leichter, sondern besonders spannend.
Corona beherrscht alles
«Corona» hat nicht nur sämtliche Lebensbereiche infiziert. Das Thema hat auch einen ganz eigenen Wortschatz hervorgebracht, vom «Ellenbogengruss» bis zum «Superspreader».
Auch der Überbegriff «Corona» selber könnte theoretisch zum Wort des Jahres werden, denn er bringt auf den Punkt, was uns seit März alle bewegt.
Genausogut könnte «Maskenpflicht» in die Ränge kommen, denn nichts hat das Bild des öffentlichen Lebens so stark verändert wie dieses Stück Stoff im Gesicht. Valable Kandidaten zuhauf, also.
Lockdown eher nicht
In England hat der Collins Dictionary sein «Word of the Year 2020» bereits bekanntgegeben: «Lockdown». Weil es die gemeinsame Erfahrung von Milliarden Menschen weltweit ausdrücke.
Aber für die Schweiz passt «Lockdown» eher nicht. Denn bei uns gab es bisher keine Ausgangssperre (Lockdown), sondern nur eine Teilschliessung von öffentlichen Orten (Shutdown).
Wörter mit Schweizbezug gefragt
Das Wort des Jahres muss einen Bezug zur Schweiz haben. 2018 war es zum Beispiel «Doppeladler». Unter diesem Aspekt hätte dieses Jahr «Maskensünder» gute Chancen, denn in Schweizer Medien wird das Wort viel öfter verwendet als in deutschen. Oder die frühsommerliche Wortschöpfung von Daniel Koch, damals noch beim BAG, als er die Aare für «bebadbar» erklärte.
«Vaterschaftsurlaub» oder «Trump»?
Auch Wörter ausserhalb von Corona haben eine Chance. Schliesslich bewegten auch die Präsidentschaftswahl in den USA oder die Abstimmung über den Vaterschaftsurlaub die Gemüter im Land. «Trump» allerdings könne nicht Wort des Jahres werden, denn die Regeln schliessen Eigennamen aus, so Marlies Whitehouse.
Aus 80 Kandidaten kommen 3 Sieger
Um der Vielfalt wenigstens ansatzweise gerecht zu werden, wählt die neunköpfige Jury jeweils nicht bloss eines, sondern drei Wörter. Aus einer Longlist kürt die Jury aus Sprachexperten und Linguistinnen in mehreren Abstimmungsrunden und engagierten Diskussionen die Wörter des Jahres, von Rang eins bis drei (zum Prozedere siehe Box oben). Dieses Jahr wird coronabedingt online debattiert.
Das Gesamtprojekt «Wort des Jahres» unter der Trägerschaft des Departements Angewandte Linguistik der ZHAW umfasst alle vier Landessprachen mit je identischem Prozedere und je eigener, muttersprachiger Jury.
Am 8. Dezember werden also insgesamt 12 Wörter des Jahres gekürt, drei in jeder Landessprache. Wetten, dass geschätzte 10 davon irgendwie mit Corona zu tun haben werden? Sie haben auf jeden Fall ein Wörtchen mitzureden.
Deutschschweizer «Wort des Jahres» 2003 bis 2019
1. Platz | 2. Platz | 3. Platz | |
2019 | Klimajugend | OK Boomer | Flugscham |
2018 | Doppeladler | Rahmenabkommen | 079 |
2017 | #metoo | weglachen | Influencer |
2016 | Filterblase | ||
2015 | Einkaufstourist | ||
2014 | # (Hashtag) | ||
2013 | Stellwerkstörung | ||
2012 | Shitstorm | ||
2011 | Euro-Rabatt | ||
2010 | Ausschaffung | ||
2009 | Minarettverbot | ||
2008 | Rettungspaket | ||
2007 | Sterbetourismus | ||
2006 | Rauchverbot | ||
2005 | Aldisierung | ||
2004 | Meh Dräck | ||
2003 | Konkordanz |